Ultraschall Med 2004; 25(4): 299-301
DOI: 10.1055/s-2004-813176
Qualitätssicherung/Standardisierung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

DEGUM-Stufe-III-Empfehlung zur „weiterführenden” sonographischen Untersuchung (= DEGUM-Stufe II) im Zeitraum 11 - 14 Schwangerschaftswochen

DEGUM III Guideline For Level II Ultrasound Examinations at 11 - 14 Weeks of GestationE. Merz1 , K. Meinel1 , R. Bald1 , G. Bernaschek1 , J. Deutinger1 , K. Eichhorn1 , A. Feige1 , D. Grab1 , B. J. Hackelöer1 , M. Hansmann1 , F. Kainer1 , W. Schillinger1 , K. T. M. Schneider1 , A. Staudach1 , H. Steiner1 , S. Tercanli1 , R. Terinde1 , J. Wisser1
  • 1Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt/Main
Further Information

Publication History

eingereicht: 15.12.2003

angenommen: 22.1.2004

Publication Date:
09 August 2004 (online)

In Deutschland erfolgte innerhalb der vergangenen zwei Jahre die Einführung der Nackentransparenzmessung zur Risikoeinschätzung von chromosomalen Anomalien und/oder zur Erfassung von fetalen Fehlbildungen zwischen 11 und 14 SSW auf breiter Basis [1] [2] [6] [7].

Mit der Gründung der FETAL MEDICINE FOUNDATION (FMF) Deutschland im Jahr 2002 wurde ein DEGUM-assoziierter gemeinnütziger Verein etabliert, dessen Ziel es ist, die Qualität der Ultraschalluntersuchung im ersten Trimenon, insbesondere bei der Nackentransparenzmessung, entsprechend den DEGUM-Qualitätsansprüchen zu verbessern und zu sichern. Hierzu werden - in Anlehnung an die FMF UK - entsprechende Weiterbildungskurse mit definiertem Ausbildungsinhalt für Frauenärzte angeboten. In Deutschland haben in der Zwischenzeit über 2000 Frauenärzte einen solchen Kurs mit einer theoretischen und praktischen Prüfung abgeschlossen und führen ein NT-Screening mit oder ohne Biochemie [3] [4] [5] in Form einer individuellen Gesundheitsleistung (IGeL) durch.

Grundsätzlich kann jeder Frauenarzt, der über entsprechende Detailkenntnisse verfügt, eine Nackentransparenzmessung beim Feten zwischen 11 und 14 SSW als Einzelleistung durchführen. Da eine solche Einzelleistung jedoch nicht automatisch eine gezielte Fehlbildungsdiagnostik beinhaltet, kann sie nur im Sinne einer Screeninguntersuchung auf fetale Auffälligkeiten gewertet werden. Ziel einer „weiterführenden” sonographischen Untersuchung im Zeitraum 11-14 Schwangerschaftswochen (= 11 SSW + 0 Tage bis 13 SSW + 6 Tage) ist hingegen die gezielte Suche nach fetalen Auffälligkeiten/Fehlbildungen, wobei die Messung der Nackentransparenz integrativer Bestandteil einer solchen gezielten Ultraschalluntersuchung in diesem Zeitfenster darstellt. Eine solche „weiterführende” differenzialdiagnostische Ultraschalluntersuchung ist z. B. bei einem bekannten anamnestischen Risiko oder bei einem auffälligen Ultraschallbefund im 1. Trimenon zu fordern.

Jedem (jeder) Frauenarzt (Frauenärztin), der (die) ein Zertifikat zur Nackentransparenz erworben hat, aber keine spezielle Qualifikation in der Fehlbildungsdiagnostik besitzt, ist bei einem auffälligen Befund dringend zu empfehlen, die Patientin zu einer „weiterführenden differenzialdiagnostischen Ultraschalluntersuchung” an ein entsprechendes Zentrum (Stufe II oder III) zu überweisen. Weiterhin ist eine Überweisung an ein solches Zentrum auch dann empfehlenswert, wenn eine Mehrlingsschwangerschaft vorliegt.

In jedem Fall ist eine weiterführende Ultraschalluntersuchung dann angebracht, wenn bei der Nackentransparenzmessung ein Messwert oberhalb der 95. Perzentile für das jeweilige Gestationsalter festgestellt wurde. Wie durch entsprechende Studien [1] [2] [6] [7] belegt werden konnte, finden sich in dieser Gruppe nicht nur vermehrt fetale Chromosomenanomalien, sondern auch eine Vielzahl an anderen Erkrankungen (z. B. Herzfehler o. a.). Somit handelt es sich um eine Ultraschalluntersuchung, die qualitätsmäßig deutlich höher als eine Standarduntersuchung im 1. Trimenon [8] anzusiedeln ist.

Bei auffälligem Befund bzw. bei einem erhöhten Risiko für eine Chromosomenaberration aus der NT-Messung ist der Patientin nach entsprechender Aufklärung eine Chorionzottenbiopsie als schnellstmögliche invasive Diagnostik anzubieten.

Zur Klärung der Frage, welche Ultraschallkenntnisse und gerätetechnischen Voraussetzungen als Mindestanforderungen für eine gezielte weiterführende Ultraschalluntersuchung mit Nackentransparenzmessung am Ende des 1. Trimesters erforderlich sind, wurde innerhalb der DEGUM-Stufe III eine Arbeitsgruppe gebildet, von der die Voraussetzungen und Inhalte einer „weiterführenden” Ultraschalluntersuchung im Zeitraum 11 - 14 SSW wie folgt definiert wurden:

Literatur

  • 1 Nicolaides K H, Azar G, Byrne D. et al . Fetal nuchal translucency: ultrasound screening for chromosomal defects in first trimester of pregnancy.  Br Med J. 1992;  304 867-889
  • 2 Snijders R JM, Noble P, Sebire N. et al . UK multicentre project on assessment of risk of trisomy 21 by maternal age and fetal nuchal translucency thickness at 10 - 14 weeks of gestation.  Lancet. 1998;  351 343-346
  • 3 Wald N J, George L, Smith D. et al . On behalf of the International Prenatal Screening Research Group. Serum screening for Down’s syndrome between 8 and 14 weeks of pregnancy.  Br J Obstet Gynaecol. 1996;  104 407-412
  • 4 Cuckle H S, van Lith J M. Appropriate biochemical parameters in first-trimester screening for Down syndrome.  Prenat Diagn. 1999;  19 505-512
  • 5 Spencer K, Souter V, Tul N. et al . A screening program for trisomy 21 at 10 - 14 weeks using fetal nuchal translucency, maternal serum free ß-human chorionic gonadotropin and pregnancy-associated plasma protein-A.  Ultrasound Obstet Gynecol. 1999;  13 231-237
  • 6 Nicolaides K H, Cicero S, Liao A W. One-stop clinic assessment of risk of chromosomal defects at 12 weeks of gestation.  Prenat Neonat Med. 2000;  5 145-154
  • 7 Gaziorek-Wiens A, Tercanli S. et al . on behalf of the German Speaking Down Syndrome Screening Group. Screening for trisomy 21 by fetal nuchal translucency and maternal age: a multicenter project in Germany, Austria and Switzerland.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2001;  18 645-648
  • 8 Rempen A, Chaoui R, Kozlowski P. et al . Standards zur Ultraschalluntersuchung in der Frühschwangerschaft. Empfehlungen der DEGUM-Stufe III (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe, und der ARGUS (Arbeitsgemeinschaft für Ultraschalldiagnostik der DGGG).  Ultraschall in Med. 2001;  22 M1-M5
  • 9 Merz E, Eichhorn K H, Hansmann. et al . Qualitätsanforderungen an die weiterführende differentialdiagnostische Ultraschalluntersuchung in der pränatalen Diagnostik (= DEGUM II) im Zeitraum 18 bis 22 Schwangerschaftswochen.  Ultraschall in Med. 2002;  23 11-12

Prof. Dr. E. Merz

DEGUM-Vorsitzender der Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe, Chefarzt der Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest

Steinbacher Hohl 2 - 26

60488 Frankfurt/Main