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DOI: 10.1055/s-2004-818387
Der Enthospitalisierungsprozess des psychiatrischen Heimbereichs eines ehemaligen Großkrankenhauses aus Patienten- und Mitarbeitersicht
Assessing Deinstitutionalization of the Nursing Home Area of a Large State Mental Hospital from the Point of View of Patients and Staff Das Projekt „Evaluationsforschung im neustrukturierten komplementären psychiatrischen Versorgungsbereich des Freistaats Sachsen” wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie (Förderkennzeichen: 53 - 5459.20/3) finanziell gefördert. Ohne die Bereitschaft und Unterstützung der Mitarbeiter in den untersuchten Wohneinrichtungen wäre die Durchführung aber nicht möglich gewesen, weshalb wir uns herzlich für die kollegiale Kooperation bedanken.Publication History
Publication Date:
11 August 2004 (online)
Zusammenfassung
Einleitung: Im Enthospitalisierungsprozess eines ehemaligen psychiatrischen Großkrankenhauses wird die Entwicklung einer Gruppe chronisch schizophren erkrankter Bewohner eines Heimbereichs (n = 50) (im Vergleich mit bereits enthospitalisierten Bewohnern Sozialtherapeutischer Wohnstätten [n = 51]) dargestellt. Dies wird zu Ergebnissen einer Untersuchung von Mitarbeitern des Heimbereichs (n = 55) kontrastiert, die auf deren Einschätzung des Enthospitalisierungsprozesses und dessen Auswirkungen auf ihre Arbeitssituation fokussiert. Methodik: Die beiden Patientengruppen wurden zu drei jährlichen Zeitpunkten auf den Outcome-Ebenen Psychopathologie, soziale Behinderungen, subjektive Lebensqualität und psychiatrischer Versorgungsbedarf untersucht. Die Mitarbeiter wurden etwa zeitgleich mit standardisierten Fragebogen zur aktuellen Arbeitssituation und der Qualität der Teamarbeit befragt. An der qualitativen Interviewstudie zur Reflexion des Enthospitalisierungsprozesses nahmen 19 Personen teil. Resultate: Pflegeheimbewohner verschlechtern sich auf allen Outcome-Ebenen signifikant. Zudem erleben 34 % im Untersuchungszeitraum einen Settingwechsel, über dessen Gestaltung sie sich „eher unzufrieden” äußern. In dieser Subgruppe findet sich eine signifikante Erhöhung des psychiatrischen Versorgungsbedarfs sowie der Anzahl von Problemstellungen mit ungedecktem Bedarf. - Bewohner Sozialtherapeutischer Wohnstätten weisen lediglich hinsichtlich ihrer subjektiven Lebensqualität Verschlechterungen auf. Dabei sparen diese - im Gegensatz zu Heimbewohnern - den Gesundheitsbereich aus und konzentrieren sich v. a. auf verschiedene Bereiche sozialer Kontakte. - In den Merkmalen „persönliche Sorgen” und „Arbeitsunsicherheit” kommen die Heimmitarbeiter zu einer signifikant schlechteren Einschätzung als eine Referenzstichprobe (n = 224) aus verschiedenen anderen Organisationen. In der Tendenz schätzen die Mitarbeiter die Möglichkeiten an Entscheidungen zu partizipieren höher, die Möglichkeiten in der Arbeit zu lernen niedriger ein. Hierin spiegelt sich eine gewisse Perspektivlosigkeit wider, die durch Interviewdaten bestätigt wird. Hervorzuheben ist die zu bewältigende Paradoxie der Umgestaltungssituation: Das Erlernen eines neuen psychiatrischen Betreuungsparadigmas bei gleichzeitiger Auflösung der organisationalen Strukturen und existenzieller Verunsicherung. Schlussfolgerungen: Die Gestaltung von Veränderungsprozessen institutionalisierter Versorgung erfordert die möglichst frühe Einbeziehung aller Beteiligten. Nur so können gezielte Vorbereitungsmaßnahmen durchgeführt, Erwartungen geklärt und Perspektiven verdeutlicht werden.
Abstract
Objective: Within the deinstitutionalization process of a large psychiatric hospital, the development of two cohorts of patients with chronic schizophrenia is compared over a two-year period: patients living in the hospital’s nursing-home area (n = 50) vs. patients already released to two social therapeutic hostels (n = 51). Results of the cohort study were compared with assessments of nurses working in the nursing home (n = 55), focusing on their subjective views of the deinstitutionalization process and its impact on their working conditions. Methods: Patients are assessed through yearly home-visits in their place of residence. The instruments used measure several outcome parameters: psychopathology, social disabilities, subjective quality of life, and normative needs for care. Concurrent staff assessments were conducted using standardized survey instruments focusing on current working conditions and quality of teamwork. Nineteen nurses participated in qualitative interviews evaluating the deinstitutionalization process. Results: For all measures, patients living in the nursing home show significantly worse outcomes. Furthermore, during the study period 34 % experienced a change in their living situation with which they were dissatisfied. Needs for care and the number of areas of „unmet” need increased significantly for this subgroup. - Patients living in social therapeutic hostels demonstrate stable levels of psychopathological symptoms, social disabilities, and needs for care. Assessments indicating a deterioration in patients’ subjective quality of life focus mainly on areas important for social contacts. - Regarding „personal concerns” and „insecurity at work”, ratings from nursing home staff were significantly worse than those of a reference group from several other health care institutions (n = 224). Staff showed a tendency to give higher ratings for their opportunities to participate in decisions, in contrast with the low ratings for chances to improve their knowledge in the workplace, a result which may indicate a lack of prospects. In general, staff faces the conundrum of being asked to adopt a new mental health care paradigm while organisational structures are being eliminated and insecurity about career opportunities is increasing. Conclusion: To adequately manage deinstitutionalization of care, all participating parties must be involved in the process as early as possible to clarify expectations and to demonstrate commitment to future opportunities in the new system.
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Priv.-Doz. Dr. med. habil. Thomas Kallert
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie · Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
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