Zusammenfassung
Fragestellungen Neuere Stillstudien aus Einwanderungsländern fanden einen Einfluss von Akkulturationsfaktoren auf das Stillverhalten bei Frauen mit Migrationshintergrund (MH). Eine systematische Untersuchung für Deutschland fehlt bisher. Es soll daher untersucht werden, ob und wie der Akkulturationsgrad innerhalb eines Migrantinnenkollektivs Stillbeginn, -zeit und -dauer beeinflusst.
Patientinnenkollektiv und Methodik Es wurden schwangere Frauen befragt, die im 1-jährigen Untersuchungszeitraum in einer der 3 teilnehmenden Berliner Geburtskliniken zur Geburt ihres Kindes aufgenommen wurden (u. a. soziodemografische Angaben, Daten zu Migration/Akkulturation). Diese Frauen wurden nochmals 2 bzw. 3 Tage post partum interviewt (u. a. Stillbeginn, geplante Stilldauer, Gründe für Nichtstillen). Bei einem Teilkollektiv erfolgte 6 Monate post partum ein Telefoninterview zur tatsächlichen Stilldauer, zum Verhütungsverhalten post partum und zur Inanspruchnahme von Hebammenangeboten nach der Entbindung. Das Stillverhalten wurde u. a. anhand multivariater Regressionsmodelle analysiert.
Ergebnisse Das präpartal befragte Kollektiv umfasste 7100 Frauen, auf den Wochenbettstationen konnten insgesamt 6884 Frauen erreicht werden, beim Teilkollektiv 6 Monate nach der Entbindung 605 Frauen. Es zeigten sich keine akkulturationsbedingten Unterschiede beim Stillbeginn. Im adjustierten Modell verringerten ein mittlerer und höherer Akkulturationsgrad die Chance, eine lange Stillzeit zu planen. Mehr akkulturierte Frauen weisen ein größeres Risiko auf, innerhalb der ersten 6 Monate nach der Geburt abzustillen, als weniger akkulturierte.
Schlussfolgerung Der Akkulturationsgrad hat relevante Bedeutung für einige Aspekte des Stillverhaltens bei Frauen mit Migrationshintergrund. Dies sollte sowohl bei Stillförderprogrammen als auch bei weiteren nationalen Stillstudien beachtet werden.
Schlüsselwörter Stillen - Stillverhalten - Stillprävalenz - Migration - Akkulturation