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DOI: 10.1055/a-0646-0803
Aktuelles aus der Forschung
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. September 2018 (online)
Die Behandlung der sekundär progredienten Multiplen Sklerose mit Siponimod – die Phase-III-Studie EXPAND
Nach wie vor fehlt es an Therapieoptionen für die progrediente Multiple Sklerose. Die hier vorgestellte Phase-III-Studie EXPAND untersucht die Wirkung von Siponimod bei der sekundär progredienten MS im Vergleich zu Placebo [1]. Siponimod moduliert die Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren (S1P) S1P1 und S1P5. Durch diese Rezeptormodulation werden Lymphozyten am Austritt aus Lymphknoten gehindert und damit eine antientzündliche Wirkung erreicht. Zudem zeigt Siponimod eine gute Liquorgängigkeit und S1P-Rezeptoren werden im ZNS exprimiert, sodass mögliche zentrale Therapieeffekte postuliert werden.
In die Studie eingeschlossen wurden insgesamt 1645 erwachsene Patienten (EDSS 3.0 – 6.5) mit einer 2:1 Randomisierung für Siponimod 2 mg täglich oder Placebo. Primärer Endpunkt war die bestätigte Behinderungsprogression nach 3 Monaten. Signifikant weniger Patienten mit einer Siponimod-Behandlung erreichten diesen Endpunkt im Vergleich zu der Placebo-Gruppe, der Unterschied fiel jedoch gering aus (26 % versus 32 %, Risikoreduktion von 21 %). Die mediane Behandlungsdauer betrug 18 Monate. Auch weitere sekundäre Endpunkte, wie die Zunahme der T2-Läsionslast oder der Hirnatrophie, zeigten sich signifikant gebessert unter der Siponimod-Therapie. Als Nebenwirkungen traten wie vorbekannt Bradykardien bei Behandlungsbeginn, ein Bluthochdruck, eine Lymphopenie, Makulaödeme und Krampfanfälle häufiger unter Siponimod auf. Auch kam es häufiger zu einer Herpes-Zoster-Reaktivierung (2 % unter Siponimod versus 1 % unter Placebo).
Es stellt sich die Frage, ob der therapeutische Effekt durch direkte neuroprotektive Mechanismen bedingt ist oder sich durch den bekannten antiinflammatorischen Wirkmechanismus erklärt. Dies bleibt unklar. Die Autoren führen an, dass die Studienkohorte einen typischen progredienten Verlauf zeigte, der auf neurodegenerative Pathomechanismen hinweist: 2/3 der Patienten hatten keine nachweisbaren Schübe in den 2 Jahren vor Studienbeginn, lediglich 20 % der Patienten zeigten Kontrastmittel-aufnehmende Läsionen und die Patienten wiesen eine fortgeschrittene Behinderung auf (> 50 % waren auf eine Gehhilfe angewiesen). Andererseits zeigten Subgruppenanalysen, dass insbesondere Patienten, bei denen eine Entzündungsaktivität angenommen wird, von der Therapie profitierten: jüngere Patienten mit einer kürzeren Krankheitsdauer, Patienten mit einer geringeren Behinderung sowie Patienten mit Schüben oder Kontrastmittel-aufnehmenden Läsionen vor Therapiebeginn.
Zusammenfassend zeigt sich ein gewisser therapeutischer Effekt von Siponimod bei der sekundär progredienten Multiplen Sklerose, unabhängig von Schubaktivität. Der genaue Wirkmechanismus bleibt ungeklärt. Eine bessere Einschätzung der Therapie ergibt sich hoffentlich aus der laufenden offenen Verlängerungsstudie, mit der Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Siponimod generiert werden.
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Literatur
- 1 Kappos L, Bar-Or A, Cree BAC. et al. Siponimod versus placebo in secondary progressive multiple sclerosis (EXPAND): a double-blind, randomised, phase 3 study. Lancet 2018; 391: 1263-1273
- 2 Weber MS, Derfuss T, Metz I. et al. Defining distinct features of anti-MOG antibody associated central nervous system demyelination. Therapeutic advances in neurological disorders 2018; 11: 1756286418762083
- 3 Spadaro M, Winklmeier S, Beltran E. et al. Pathogenicity of human antibodies against myelin oligodendrocyte glycoprotein. Ann Neurol 2018; [Epub ahead of print]
- 4 Pearce EL, Pearce EJ. Metabolic pathways in immune cell activation and quiescence. Immunity 2013; 38: 633-43
- 5 Gerriets VA, Kishton RJ, Nichols AG. et al. Metabolic programming and PDHK1 control CD4+ T cell subsets and inflammation. J Clin Invest 2015; 125: 194-207
- 6 Chang CH, Curtis JD, Maggi Jr LB. et al. Posttranscriptional control of T cell effector function by aerobic glycolysis. Cell 2013; 153: 1239-1251
- 7 Kornberg MD, Bhargava P, Kim PM. et al. Dimethyl fumarate targets GAPDH and aerobic glycolysis to modulate immunity. Science 2018; 360: 449-453