PSYCH up2date 2019; 13(05): 415-430
DOI: 10.1055/a-0748-9074
Angststörungen, Zwangsstörungen und stressassoziierte Störungen

Pathologisches Horten

Maria Rieger
,
Ulrich Voderholzer

Nach aktueller Klassifikation handelt es sich beim pathologischen Horten um eine Zwangsspektrumstörung, die bei den Betroffenen zu starker Beeinträchtigung im persönlichen und sozialen Bereich führt. Die Komorbiditätsrate ist dabei hoch. Eine speziell auf das Horten zugeschnittene kognitive Verhaltenstherapie zeigt sich als wirksam, wenngleich etwa die Hälfte der Patienten auch nach der Therapie weiterhin mit den Symptomen belastet ist.

Kernaussagen
  • Pathologisches Horten wird seit dem Erscheinen von DSM-5 und ICD-11 erstmals als eigenständige Diagnose vergeben – im Bereich der Zwangsspektrumstörungen.

  • Es handelt sich um ein sehr schwerwiegendes Störungsbild mit erheblicher Beeinträchtigung (hinsichtlich Sicherheit und Funktionsniveau) der Betroffenen und deren Angehörigen.

  • Betroffene schreiben Gegenständen eine besondere Bedeutung zu, sodass ihnen der Verlust dieser Gegenstände fatal erscheint. Der Versuch etwas wegzuwerfen, ist mit massiver Anspannung verbunden.

  • Patienten mit pathologischem Horten weisen eine hohe Komorbiditätsrate mit Depressionen, Angststörungen, Zwängen und ADHS auf. Dies ist in der Therapie mit zu berücksichtigen.

  • Wirksamkeitsstudien konnten zeigen, dass KVT bei pathologischem Horten zu signifikanten Symptomverbesserungen führt, aber dennoch die meisten nach Therapieende immer noch klinisch bedeutsam belastet sind (klinische Signifikanz nur bei 25 – 43%).

  • Kognitive Verhaltenstherapie für pathologisches Horten setzt sich mit Informationsverarbeitungs- und Organisationsdefiziten auseinander. Dies stellt häufig eine wichtige Voraussetzung für weitere Therapieschritte dar.

  • Patienten lernen mittels graduierter Expositionen, in Versuchungssituationen Kaufimpulse zu hinterfragen, dem Kauf zu widerstehen, bewusste Entscheidungen zu treffen.

  • In Wegwerfexpositionen werden Patienten mit bislang vermiedenen Gefühlen konfrontiert. Sie lernen, bewusste Entscheidungen über den Verbleib der Gegenstände zu treffen und das Wohnumfeld systematisch zu entrümpeln.

  • Zur pharmakologischen Therapie von pathologischem Horten ist die Studienlage noch unzureichend. Experten empfehlen den Einsatz von SSRI, v. a. bei komorbider schwerer Depression und ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten.



Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. September 2019 (online)

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