Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2020; 55(06): 352-367
DOI: 10.1055/a-0967-1303
Topthema
CME-Fortbildung

Anästhesiebezogene Hygiene und Infektionsprävention bei Operationen

Anaesthesia-related Infection Prevention during Operations
Johannes Tatzel
,
Alexander Brinkmann
,
Arnold Kaltwasser
,
Rolf Dubb
,
Irit Nachtigall

Zusammenfassung

Durch die Prozeduren rund um eine Operation kann beim Patienten eine Vielzahl unterschiedlicher Infektionen entstehen – nicht nur die postoperative Wundinfektion. Die Anästhesie kann einen entscheidenden Beitrag zur Prävention dieser Infektionen leisten. Dieser Artikel führt entlang des Narkoseverlaufs – Narkoseeinleitung, während der Operation und Nachbereitung – durch die anästhesiespezifischen Besonderheiten der Hygiene.

Abstract

The processes of anaesthesia during operations enable surgical disciplines to perform a wide range of procedures. However, anaesthesia procedure may also represent a potential risk of infection for the surgical patient. Important hygiene measures concern the following topics: hand hygiene, surface disinfection, administration of parenteral drugs, dealing with catheters, intubation, perioperative antibiotic prophylaxis, temperature management, change intervals, OR workflow organization. The selection of hygiene measures for anaesthesia staff in the operating theatre listed in this article is presented in the sequence of the work flow, whereby certain topics such as hand hygiene naturally play an important role in all work phases.

Kernaussagen
  • Perioperativ kann bei unseren Patienten eine Vielzahl unterschiedlicher Infektionen entstehen. Die postoperative Wundinfektion ist nur eine davon. Andere Beispiele sind die beatmungsassoziierte Pneumonie, die katheterassoziierte Harnwegsinfektion oder Infektionen durch Gefäßpunktionen und die Gabe parenteraler Substanzen.

  • Ein Prolongieren der perioperativen Antibiotikaprophylaxe über den Interventionstag hinaus ist problematisch und nur in Ausnahmefällen indiziert. Es führt zu keiner relevanten weiteren Reduktion postoperativer SSI, sondern vielmehr zu Kollateralschäden, wie unnötige Beeinträchtigung des gastrointestinalen Mikrobioms, Selektion resistenter Mikroorganismen und Organschäden beim Patienten.

  • Zur Steigerung der hygienischen Händedesinfektion ist der Abbau von Barrieren ein wichtiger Schritt: Verbesserung der Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmitteln durch Steigerung der Spenderzahl und Verwendung von Kitteltaschenflaschen, Desinfektion behandschuhter Hände unter definierten Voraussetzungen, sofern der Arbeitsablauf einen zwischenzeitlichen Handschuhwechsel nicht zulässt.

  • Es sollen nur desinfizierte Gefäßzugänge benutzt werden. Die Desinfektion des Ansatzkonus erfolgt über die Applikation von alkoholischem Hautdesinfektionsmittel (bei nadelfreien Konnektorsystemen ggf. auch mittels hierfür zugelassener vorgetränkter Desinfektionstücher) oder mittels steriler Desinfektionskappen.

  • Ein großer Teil des Wärmeverlustes geschieht bereits zu Beginn der Operation in der Transport- und Einleitungsphase. Somit ist das möglichst frühzeitige Wärmen des Patienten bereits vor der Narkoseeinleitung von integraler Bedeutung.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. Juni 2020

Georg Thieme Verlag KG
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