Pädiatrie up2date 2024; 19(02): 125-139
DOI: 10.1055/a-1556-9344
Neuropädiatrie

Fieber- und Okkasionskrämpfe bei Kindern

Regina Trollmann

Fieberkrämpfe sind häufig und stellen als klassische Gelegenheitsanfälle die häufigste Form zerebraler Anfälle bei Kindern dar. Kritische Differenzialdiagnosen gilt es rasch abzuklären. Eine genaue differenzialdiagnostische Einordnung von Gelegenheitsanfällen, die Kenntnis von Komplikationen sowie Risikofaktoren für komplizierte Verläufe und eine spätere Epilepsie sind entscheidend für Management und Beratung.

Kernaussagen
  • Fieberkrämpfe (FK) kommen bei Kindern im Alter von 6–60 Monaten unter Fieber ohne Hinweise für eine ZNS-Infektion und ohne anamnestische afebrile Anfälle vor. Der Anfall kann dem Fieberanstieg vorausgehen. Einfache FK machen dabei etwa 72% aller FK aus und gehen meist mit bilateralen tonisch-klonischen Anfällen einher. Diese dauern typischerweise < 5 Minuten an und sistieren spontan. Als kompliziert gilt ein FK, der einen fokalen Anfallstyp, eine Dauer > 15 Minuten und/oder wiederholtes Auftreten in < 24 Stunden aufweist.

  • Pathogenetisch wird eine Kombination aus genetischer Prädisposition, altersabhängiger neuronaler Hyperexzitabilität, inflammatorischen und Umweltfaktoren angenommen.

  • Die häufigsten Triggerfaktoren sind virale Infektionen, insbesondere Influenza-A- und -B-, Parainfluenza- und HHV-6-Infektionen. Auch Impfungen sind zu bedenken.

  • Die Wiederholungsrate nach einem 1. FK liegt bei > 30%. Das Risiko ist bei positiver Familienanamnese für FK, bei einem Alter < 18 Monaten, im Fall des Auftretens bei gering erhöhter KT (< 39 °C) oder bei kompliziertem FK erhöht. Eine intermittierende oder kontinuierliche Gabe von ASM kann rezidivierende FK nicht verhindern und ist in der Regel nicht indiziert.

  • Neben Untersuchungen zur Klärung der Ätiologie des Fiebers und Ausschluss einer Hypoglykämie sind bei Kindern im Alter ≤ 12 Monate und/oder bei kompliziertem FK, febrilem Status epilepticus, einer verlängerten postiktalen Vigilanzminderung, klinischem V. a. eine ZNS-Infektion sowie bei antibiotischer Vorbehandlung und unvollständigem Impfstatus eine weiterführende Diagnostik (LP, EEG, cMRT), insbesondere eine Liquordiagnostik, indiziert.

  • Fieber ist die häufigste Ursache eines Status epilepticus im Kindesalter. Ein febriler Status epilepticus erfordert eine akute Notfalltherapie und erweiterte Diagnostik (LP, EEG, cMRT).

  • Zur Akuttherapie eines FK wird neben den allgemein empfohlenen Maßnahmen der Notfallmedizin Diazepam rektal eingesetzt.

  • Eine ausführliche Aufklärung der Eltern über Rezidivrisiko, Vorgehen im Fall eines Anfallsrezidivs, Indikation und Handhabung der Notfallmedikation mit Diazepam rectiole und die insgesamt günstige Prognose ist erforderlich.

  • Einfache und komplizierte FK gehen in der Regel mit einer günstigen Prognose einher. Das Risiko für eine spätere Epilepsie kann nach komplizierten und prolongierten FK erhöht sein (6–8%).

  • Zu (seltenen) fieberassoziierten Epilepsien zählen GEFS plus, das Dravet-Syndrom und febrile infektionsassoziierte Epilepsiesyndrome.



Publication History

Article published online:
11 June 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany