Nervenheilkunde 2022; 41(05): 309-319
DOI: 10.1055/a-1796-5491
Schwerpunkt

Geschlechtsinkongruenz im Kindes- und Jugendalter

Ethische Maßgaben und aktuelle BehandlungsempfehlungenGender incongruence in childhood and adolescenceEthical requirements and current treatment recommendations
Georg Romer Romer
1   Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie, Universitätsklinikum Münster (UKM)
,
Thomas Lempp
2   Clementine Kinderhospital, Frankfurt am Main
› Institutsangaben
Preview

ZUSAMMENFASSUNG

In diesem Artikel wird ein praxisnaher Überblick über den aktuellen Wissensstand zur Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter dargestellt. Ausgehend von dem in der ICD-11 vollzogenen Paradigmenwechsel, wonach die Geschlechtsinkongruenz keine psychische Störung ist, werden die wichtigsten sich daraus ergebenden Neuerungen für den professionellen Umgang mit Geschlechtsdiversität diskutiert. Im Vordergrund steht dabei die Unterstützung geschlechtsdiverser Personen, ein Leben im empfundenen Geschlecht zu führen. Bei einer Geschlechtsinkongruenz im Kindesalter besteht meist kein weiterer Behandlungsbedarf. Im Jugendalter kann die fortschreitende körperliche Reifung zu einem geschlechtsdysphorischen Leidensdruck führen, der neben unterstützender Psychotherapie häufig die Empfehlung für gestufte somatomedizinische Interventionen zum Aufhalten der pubertären Reifung und zur Geschlechtsangleichung begründet. Die Voraussetzungen für individuelle Indikationen werden gemeinsam mit den hierbei zu berücksichtigenden ethischen Maßgaben ausgeführt.

ABSTRACT

This article presents a practical overview of the current state of knowledge on gender incongruence and gender dysphoria in childhood and adolescence. Based on the paradigm shift in the ICD-11, according to which gender incongruence is not a mental disorder, the most important resulting innovations for the professional handling of gender diversity are discussed. The focus is on supporting gender diverse persons to live their lives in their perceived gender. In the case of gender incongruence in childhood, there is usually no need for further treatment. In adolescence, progressive physical maturation can lead to gender dysphoric distress which, in addition to supportive psychotherapy, necessitates staged somato-medical interventions to halt pubertal maturation and for gender reassignment. The prerequisites for individual indications are explained together with the ethical requirements to be considered.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. Mai 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany