Intensivmedizin up2date 2023; 19(03): 325-347
DOI: 10.1055/a-1913-3819
Allgemeine Intensivmedizin

Fehlermanagement: Patientensicherheit und Teamarbeit auf Intensivstation optimieren

Typische Fehlerquellen erkennen und bewährte Sicherheitsstrategien anwenden
Marcus Rall
,
Rolf Dubb

Die Intensivmedizin ist eines der komplexesten Tätigkeitsfelder überhaupt. Kaum irgendwo sind die Herausforderungen so hoch: wechselnde Teams, schwerkranke und instabilste Patienten, extrem dynamische und komplexe Situationen, emotional und seelisch herausfordernd, hohe Ansprüche an aktuelles Fachwissen, maximale Interprofessionalität. Dies bedeutet allerdings auch höchste Fehlerträchtigkeit.

Kernaussagen
  • Erkennen der Ursachen von vermeidbaren Schadensfällen: Ein Großteil der Fehler und Schäden auf Intensivstationen entsteht aufgrund von Problemen im Bereich Human Factors, mindestens als beitragende Faktoren. Dies ist typisch „menschlich“ und kommt in allen Hochsicherheits-/Hochrisikoarbeitsplätzen vor. Bisher findet keine systematische Ausbildung dazu statt.

  • CRM (Crew Resource Management) als effektive Maßnahme gegen Fehler und für erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit: Mit dem CRM-Konzept steht ein in anderen Arbeitsfeldern seit Jahrzehnten bewährtes Konzept zur Verfügung, das sich auch in der Medizin nachweislich als sehr effektiv erweist. Nicht nur lassen sich damit Patienten beträchtlich sicherer behandeln, sondern die Anwendung von CRM erhöht auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und reduziert die Personalfluktuation – ein enormer Vorteil in der heutigen Personalmangelsituation.

  • Teamtraining als essenzieller Teil der Mitarbeiterfortbildung (mit und ohne Simulationen, ggf. unter Nutzung von modernen eLearning-Konzepten). Da CRM nicht systematisch vermittelt wird, muss es für alle Teammitglieder geschult werden. Moderne Simulationstrainings in Kombination mit interaktiven CRM-Seminaren oder CRM-eLearning stehen dafür zur Verfügung und sollten genutzt werden.

  • Sicherheitskultur als wichtiger Erfolgsfaktor für moderne zukünftige Teams: Insbesondere die neue Generation von Mitarbeitenden kann nur durch eine positive proaktive Sicherheitskultur und die Vermeidung von Überforderungssituationen gehalten werden. Aber auch langjährige Teammitglieder profitieren von einer guten Sicherheitskultur in einem der schwierigsten Berufsfelder der Welt.

  • Ausbau von konstruktiven Debriefings und Lernen aus der Analyse sehr guter Ereignisse (Safety-2): Die häufigen kritischen Ereignisse auf Intensivstation sollten durch regelmäßige Debriefings (Nachbesprechungen) aufgearbeitet werden, einerseits zur Erhöhung der Patientensicherheit, aber auch zur Verbesserung des Teamgefühls und der Reduktion der Gefahr von Second Victims oder Problemen in der Art einer posttraumatischen Belastungsstörung. Noch weitgehend ungenutzt ist dabei die Methode, sehr gute Ereignisse zu analysieren und davon im Team zu lernen (Safety-2).



Publication History

Article published online:
10 October 2023

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