Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2023; 17(01): 69-88
DOI: 10.1055/a-1951-4023
Notfallchirurgie

Organisationsstruktur einer Notaufnahme: neue Regelungen gegen bekannte Probleme

Moritz Drefs
,
Matthias Klein
,
Jens Werner

Um die Qualität der Notfallversorgung zu stärken, wurden die Strukturen der Notaufnahmen vom Gesetzgeber in den letzten Jahren zunehmend stärker vorgegeben, was aufgrund der großen Vielfalt der Anforderungen an Notaufnahmen – von kommunalen Krankenhäusern bis zu universitären Kliniken – zu kontroversen Diskussionen geführt hat. Dieser Beitrag erläutert wichtige aktuelle Regelungen und zeigt Handlungsabläufe am Beispiel des oft unterschätzten Leitsymptoms „Bauchschmerz“ auf.

Kernaussagen
  • Personalmangel, Overcrowding und Exit-Blocks sind die Haupttreiber von Überlastungen der Notaufnahmen in Deutschland und führen zu langen Warte- und Behandlungszeiten.

  • Obwohl Deutschland EU-weit zusammen mit Österreich die meisten stationären Behandlungsbetten bezogen auf die Einwohnerzahl hat, sind die Exit-Blocks der Notaufnahmen durch unnötig belegte Betten auf Abflussstationen teilerklärt.

  • G-BA-Beschluss: Notaufnahmen werden in ein 3-stufiges System eingeteilt und durch angepasste Zuschläge/Abschläge vergütet/sanktioniert, um Patientenunterversorgungen und unnötige Weiterverlegungen in andere Krankenhäuser zu minimieren.

  • Zentraler Bestandteil des G-BA-Beschlusses ist das konsequente Vorhalten von fachärztlichem Personal mit interdisziplinärer Fachweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“.

  • Ein adäquates Ressourcenmanagement ist in der Notaufnahme elementar und kann durch gute Triage, automatisierte Behandlungspfade, optimierte Patientenströme, Raummanagement, Ausbildungskonzepte und Schockraummanagement erreicht werden.

  • Schockraum: großzügig Expertise vorhalten, frühzeitig deeskalieren.

  • Das Leitsymptom „akuter Bauchschmerz“ hat multiple Differenzialdiagnosen aus diversen Fachabteilungen. Dies macht eine zeitgerechte Prozessierung komplex und erfordert interdisziplinäre Behandlung.

  • Bauchschmerzen werden regelhaft untertriagiert, obwohl sie eine innerklinische und Langzeitmortalität haben, die bis zu 10-mal größer ist als jene bei Brustschmerzen.

  • Während das Notfallmanagement von Brustschmerzen und Schlaganfällen durch die Implementierung von Chest Pain Units und Stroke Units optimiert wurde, fehlen solche strukturellen Voraussetzungen zur Behandlung von Patienten mit Bauchschmerzen aufgrund der komplexen Natur des Leitsymptoms.

  • Restrukturierungen der ZNAs hin zu gelebter Interdisziplinarität erscheinen vielversprechend.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. Februar 2023

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