Zusammenfassung
Hintergrund Die Bewertung der Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung bedarf neuer Kriterien.
Das jetzige Konzept geht von einer mehr oder weniger uniformen Abdeckung des Rumpfes
mit Schutzmaterial aus. Die häufig getragenen schweren Rundumschürzen können es durchaus
auf 7 bis 8 kg bringen. Wie einschlägige Studien zeigen, können bei langzeitlicher
Tätigkeit orthopädische Schäden die Folge sein. Es ist daher zu hinterfragen, ob das
Schürzengewicht nicht durch eine Optimierung der Materialverteilung reduziert werden
kann. Für eine strahlenbiologische Bewertung der Schutzwirkung wird dabei auf die
effektive Dosis zurückgegriffen.
Methoden Es wurden zahlreiche Labormessungen mit einem Alderson-Rando-Phantom sowie Dosismessungen
an klinischem Personal durchgeführt. Ergänzt wurden die Messungen durch die Monte-Carlo-Simulation
eines interventionellen Arbeitsplatzes, bei dem für die Untersucherin ein weibliches
ICRP-Referenzphantom verwendet wurde. Die Messungen am Phantom wie auch die Messungen
der Rückendosen an interventionellen Arbeitsplätzen stützten sich auf die Messgröße
Personen-Äquivalentdosis Hp(10). Mithilfe von Monte-Carlo-Simulationen wurden Schutzfaktoren
für die Schutzkleidung eingeführt, die auf der im Strahlenschutz eingeführten „effektiven
Dosis“ basieren.
Ergebnisse Die Rückendosen bei klinisch-radiologisch tätigem Personal sind weitgehend vernachlässigbar.
Der Rückenschutz kann daher wesentlich geringer ausfallen als derzeit üblich oder
sogar entfallen. Die Monte-Carlo-Simulationen zeigen, dass die Schutzwirkung von Schutzschürzen,
die am Körper getragen werden, höher ist als bei Durchstrahlung des flachen Schutzmaterials
(3D-Effekt). Rund 80 % der effektiven Dosis entstehen von den Gonaden bis zur Brust.
Durch eine zusätzliche Abschirmung dieses Bereiches kann die effektive Dosis gesenkt
oder wahlweise Schürzen mit weniger Gewicht hergestellt werden. Das Augenmerk muss
auch auf die „Strahlenlecks“ (Oberarme, Hals, Schädel) gerichtet werden, die die Schutzwirkung
für den Gesamtkörper herabsetzen können.
Schlussfolgerungen Die Bewertung der Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung sollte künftig auf der
Basis der effektiven Dosis erfolgen. Dazu könnten Effektivdosis-basierte Schutzfaktoren
eingeführt werden, während der Bleigleichwert ausschließlich Messzwecken dienen sollte.
Bei Umsetzung der Ergebnisse lassen sich bei vergleichbarer Schutzwirkung Schutzschürzen
mit ca. 40 % weniger Gewicht herstellen.
Kernaussagen:
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Die Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung sollte durch Effektivdosis-basierte Schutzfaktoren
beschrieben werden.
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Der Bleigleichwert sollte nur für Messzwecke verwendet werden.
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Über 80 %der effektiven Dosis sind dem Bereich Gonaden bis zur Brust zuzuordnen.
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Eine Verstärkerschicht in diesem Bereich erhöht den Schutzeffekt ganz erheblich.
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Bei optimierter Materialverteilung könnten Schutzschürzen bis zu 40 % leichter sein.
Zitierweise
Key words
effective dose - weight reduction - protection factor - lead equivalence - protective
apron