Rofo 2023; 195(03): 234-243
DOI: 10.1055/a-1994-7332
Technique and Medical Physics

Röntgenschürzen – neu bewertet

Article in several languages: English | deutsch
Heinrich Eder
Radiation Protection, Bavarian Environment Agency (formerly), Augsburg, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die Bewertung der Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung bedarf neuer Kriterien. Das jetzige Konzept geht von einer mehr oder weniger uniformen Abdeckung des Rumpfes mit Schutzmaterial aus. Die häufig getragenen schweren Rundumschürzen können es durchaus auf 7 bis 8 kg bringen. Wie einschlägige Studien zeigen, können bei langzeitlicher Tätigkeit orthopädische Schäden die Folge sein. Es ist daher zu hinterfragen, ob das Schürzengewicht nicht durch eine Optimierung der Materialverteilung reduziert werden kann. Für eine strahlenbiologische Bewertung der Schutzwirkung wird dabei auf die effektive Dosis zurückgegriffen.

Methoden Es wurden zahlreiche Labormessungen mit einem Alderson-Rando-Phantom sowie Dosismessungen an klinischem Personal durchgeführt. Ergänzt wurden die Messungen durch die Monte-Carlo-Simulation eines interventionellen Arbeitsplatzes, bei dem für die Untersucherin ein weibliches ICRP-Referenzphantom verwendet wurde. Die Messungen am Phantom wie auch die Messungen der Rückendosen an interventionellen Arbeitsplätzen stützten sich auf die Messgröße Personen-Äquivalentdosis Hp(10). Mithilfe von Monte-Carlo-Simulationen wurden Schutzfaktoren für die Schutzkleidung eingeführt, die auf der im Strahlenschutz eingeführten „effektiven Dosis“ basieren.

Ergebnisse Die Rückendosen bei klinisch-radiologisch tätigem Personal sind weitgehend vernachlässigbar. Der Rückenschutz kann daher wesentlich geringer ausfallen als derzeit üblich oder sogar entfallen. Die Monte-Carlo-Simulationen zeigen, dass die Schutzwirkung von Schutzschürzen, die am Körper getragen werden, höher ist als bei Durchstrahlung des flachen Schutzmaterials (3D-Effekt). Rund 80 % der effektiven Dosis entstehen von den Gonaden bis zur Brust. Durch eine zusätzliche Abschirmung dieses Bereiches kann die effektive Dosis gesenkt oder wahlweise Schürzen mit weniger Gewicht hergestellt werden. Das Augenmerk muss auch auf die „Strahlenlecks“ (Oberarme, Hals, Schädel) gerichtet werden, die die Schutzwirkung für den Gesamtkörper herabsetzen können.

Schlussfolgerungen Die Bewertung der Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung sollte künftig auf der Basis der effektiven Dosis erfolgen. Dazu könnten Effektivdosis-basierte Schutzfaktoren eingeführt werden, während der Bleigleichwert ausschließlich Messzwecken dienen sollte. Bei Umsetzung der Ergebnisse lassen sich bei vergleichbarer Schutzwirkung Schutzschürzen mit ca. 40 % weniger Gewicht herstellen.

Kernaussagen:

  • Die Schutzwirkung von Röntgenschutzkleidung sollte durch Effektivdosis-basierte Schutzfaktoren beschrieben werden.

  • Der Bleigleichwert sollte nur für Messzwecke verwendet werden.

  • Über 80 %der effektiven Dosis sind dem Bereich Gonaden bis zur Brust zuzuordnen.

  • Eine Verstärkerschicht in diesem Bereich erhöht den Schutzeffekt ganz erheblich.

  • Bei optimierter Materialverteilung könnten Schutzschürzen bis zu 40 % leichter sein.

Zitierweise

  • Eder H. X-Ray Protective Aprons Re-Evaluated. Fortschr Röntgenstr 2023; 195: 234 – 243



Publication History

Received: 14 June 2022

Accepted: 10 November 2022

Article published online:
16 February 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
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