Zusammenfassung
Diagnostische Punktionen (Amniozentese, Chorionzottenbiopsie und Fetalblutentnahme) sind
ein wesentlicher Bestandteil der Pränataldiagnostik und die einzige etablierte und
wissenschaftlich ausreichend evaluierte Möglichkeit der Diagnostik genetischer Erkrankungen
aus schwangerschaftsspezifischen Zellen. Die Anzahl diagnostischer Punktionen in Deutschland
ist, wie in anderen Ländern, deutlich gesunken. Dies ist maßgeblich auf die Einführung des
Ersttrimester-Screenings mit weiterführender detaillierter Ultraschalluntersuchung des Fetus
und die Analyse von cf-DNA (cell-free DNA) aus maternalem Blut (sogenannter „Nicht Invasiver
Pränataler Test“ – NIPT) zurückzuführen. Andererseits sind die Erkenntnisse über die Inzidenz
und das Erscheinungsbild genetischer Erkrankungen gestiegen. Die Entwicklung moderner
molekulargenetischer Techniken (Mikroarray- und Exom-Analyse) macht eine differenzierte
Untersuchung dieser Erkrankungen mehr und mehr möglich. Die Anforderungen an Aufklärung und
Beratung über diese komplexen Zusammenhänge sind dadurch wesentlich höher geworden. Die
Studien der letzten Jahre machen deutlich, dass diagnostische Punktionen, die in
Expertenzentren durchgeführt werden, mit einem niedrigen Risiko für Komplikationen assoziiert
sind. Insbesondere der eingriffsbedingte Abort unterscheidet sich kaum vom Hintergrundrisiko
für einen Spontanabort. Die Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe der Deutschen Gesellschaft
für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) hat im Jahr 2013 Empfehlungen zu diagnostischen
Punktionen in der Pränatalmedizin publiziert [1]. Die oben geschilderten Entwicklungen und neuen Erkenntnisse der letzten Jahre machen
eine Revision und Neuformulierung dieser Empfehlungen nötig. Ziel dieser Übersicht ist eine
Zusammenstellung wichtiger und aktueller Fakten zu pränatalmedizinischen Punktionen (u.a.
Technik, Komplikationen, genetische Untersuchungen). Sie soll der grundlegenden umfassenden
und aktuellen Information über diagnostische Punktionen in der Pränatalmedizin dienen. Sie
ersetzt die Publikation von 2013 [1].