Zusammenfassung
Ziel
Schlingenexzisionen zur Therapie von HSIL oder AIS der Cervix uteri werden in Deutschland
fast ausschließlich in Allgemeinnarkose (AA) durchgeführt. Internationale Studien
und Leitlinien
zeigen eine Präferenz für Lokalanästhesie (LA) aus hermeneutischen, medizinischen
und ökonomischen Gründen. Mit dem Ziel, die Alternative der örtlichen Betäubung auch
den Frauen im deutschen
Gesundheitssystem zukommen zu lassen, führten wir eine vergleichende Beobachtungsstudie
durch.
Patientinnen und Methodik
In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden Patientinnen mit der Diagnose HSIL
oder AIS der Cervix uteri im Institut für Zytologie und Dysplasie, Berlin, mittels
Schlingenexzision im
Jahre 2021 behandelt. Zunächst wurden in einer Machbarkeitsstudie 303 Patientinnen mit der Diagnose einer HSIL/AIS der Cervix uteri und ihr/ihre Kolposkopiker*in
mittels eines elektronischen Fragebogens zur Option Schlingenexzision in LA befragt.
Da diese Befragung eine hohe Akzeptanz für LA bei Patientinnen und Kolposkopiker*innen
ergab, initiierten wir eine Vergleichsstudie von LA vs. AA: 322
Patientinnen wurden mittels Schlingenexzision behandelt und wählten selbst das Anästhesieverfahren:
n = 206 in LA vs. n = 116 in AA. Aus der Machbarkeitsstudie hatten 114 Patientinnen
die
Indikation zur Schlingenexzision und wurden Teil der Vergleichsstudie (n = 79 für
die LA-Gruppe, n = 35 für die AA-Gruppe). Allen Patientinnen wurde ein standardisierter
Fragebogen mitgegeben,
mit dem der Schmerzscore bei einer visuellen Analogskala (VAS) zwischen 0 und 100
innerhalb von 24 Stunden postoperativ erfasst wurde. 178 Frauen der LA-Gruppe und
80 Frauen der AA-Gruppe
beantworteten den postoperativ mitgegebenen Fragebogen und bilden somit die Kohorte
für unsere vergleichende Untersuchung. 191 dieser 258 Patientinnen, i. e. 74%, konnten
nach einer mittleren
Dauer von 1 Jahr postoperativ erneut telefonisch befragt werden. Hierbei wurde die
Zufriedenheit und der Rezidivstatus der Patientinnen erfragt und dokumentiert. Wir
postulierten, dass sich
bezüglich Zufriedenheit und postoperativem Schmerzempfinden zwischen Patientinnen
der LA-Gruppe und der AA-Gruppe keine klinisch relevanten signifikanten Unterschiede
zeigen würden.
Ergebnisse
In der Machbarkeitsstudie wurden 90% (272 von 303) der Patientinnen mit der Diagnose HSIL oder AIS von Kolposkopiker*innen
als geeignet für eine Schlingenexzision
in LA angesehen. 75% (227 von 303) der in diesem Rahmen befragten Patientinnen waren
offen für eine Operation in LA.
In der Vergleichsstudie wurden 63 von 206 Frauen der LA-Gruppe präoperativ befragt: 89% würden bei der Operation
einen Schmerzscore über 20 akzeptieren, 33% einen
Schmerzscore über 50 und 11% von maximal 20. Postoperativ wurde von 178 Patientinnen
für die Schlingenexzision in LA ein mittlerer Schmerzscore von 13,1, für den Injektionsschmerz
der LA ein
mittlerer Schmerzscore von 20,9 angegeben (p < 0,001). Schmerzen 20 Minuten nach dem
Eingriff in LA (n = 178) versus Narkose (n = 80) unterschieden sich nicht signifikant
(p = 0,09). Die
Operateur*innen beurteilten die Schmerzempfindung der Patientinnen während der Schlingenexzision
in LA signifikant geringer als den Schmerz, der von der Patientin empfunden wurde
mit einer
Unterschätzung von −14,63 Schmerzpunkten auf der VAS (p < 0,001).
Die Befragung innerhalb von 7 Tagen nach Schlingenexzision bei 178 Frauen der LA-Gruppe
erbrachte, dass 95,5% den Eingriff wieder in LA durchführen ließen (8,8% davon mit
zusätzlichen
Schmerzmitteln) und 4,5% die Vollnarkose wählen würden. Die telefonische Befragung
nach einem mittleren Abstand zur OP von 12 Monaten ergab bei 133 Patientinnen der
LA-Gruppe, dass 97% der
Patientinnen „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit der durchgeführten Behandlung waren.
Für Patientinnenzufriedenheit und postoperatives Schmerzempfinden zeigte sich zwischen
LA-Gruppe und
AA-Gruppe kein signifikanter Unterschied.
Für die Rate an Nachblutungen (6,7% vs. 8,1%, p = 0,72), HSIL/AIS Rezidiven (3,6%
vs. 5,2%, p = 0,62) sowie der Verteilung des histopathologischen R-Status (R0 89,5%
vs. 81,1%, p = 0,73;
R1 5,3% vs. 12,2%, p = 0,57, Rx 4,1% vs. 5,4%, p = 0,65) zeigte sich zwischen der
LA-Gruppe versus AA-Gruppe kein signifikanter Unterschied.
Schlussfolgerung
Mehr als 95% der Patientinnen würden wieder die örtliche Betäubung als Anästhesieverfahren
wählen, und 97% der Patientinnen zeigten sich auch noch 1 Jahr später zufrieden oder
sehr
zufrieden mit der Operation in Lokalanästhesie. Das Angebot einer Lokalanästhesie
sollte obligat werden und in die entsprechende Leitlinie Aufnahme finden.
Schlüsselwörter CIN - Schlingenexzision - Lokalanästhesie