Gastroenterologie up2date 2023; 19(04): 319-320
DOI: 10.1055/a-2155-8828
Wichtige Studien im Fokus

Kommentar zu: Endoskopische Sleeve-Gastroplastie reduziert Gewicht und Komorbidität

Alanna Ebigbo
,
Sandra Nagl

Die Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität sowie zahlreichen sekundären Begleiterkrankungen einhergeht. Die zunehmende Prävalenz der Adipositas weltweit führt zu erheblichen Gesundheitskosten und sozioökonomischer Belastung [1]. Konservative Therapieansätze, wie Lebensstiländerungen und/oder medikamentöse Therapien, können zu einer moderaten Gewichtsreduktion führen, sind jedoch in Bezug auf ihre Wirksamkeit begrenzt und durch die Dauer ihres Einsatzes limitiert.

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich minimalinvasive endoskopische bariatrische Therapien (EBT) als alternative Behandlungsoptionen neben Lebensstiländerungen, Medikamenten und chirurgischen Eingriffen entwickelt. Die endoskopische Sleeve-Gastroplastie (ESG) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als minimalinvasive EBT zur Therapie der Adipositas Grad I und II etabliert. Über ein transorales Nahtsystem wird die Vorder- und Hinterwand des Magens entlang der großen Kurvatur durch endoskopische Vollwandnähte angenähert, ähnlich den anatomischen Veränderungen bei der Schlauchmagenresektion (LSG). Seit ihrer ersten Beschreibung im Jahr 2013 durch Barham K Abu Dayyeh selbst [2] konnten mehrere internationale Kohorten- und multizentrische Studien die Wirksamkeit und Sicherheit der ESG belegen. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen zufriedenstellende Raten an Total Body Weight Loss (TBWL) von 15–20% über einen Zeitraum von 1–5 Jahren nach ESG-Therapie [3] [4] [5] [6] sowie niedrige Raten unerwünschter Ereignisse (1,0–2,59%) [3] [4] [5] [6]. Vergleichsstudien belegten die Überlegenheit der ESG gegenüber der Magenballonimplantation (IGB) nach 12 Monaten (21,3% vs. 13,9%) sowie gegenüber Hochintensivdiät und Lebensstiltherapie (20,6% vs. 14,3%) [7] [8]. Bei der ESG kommt es nicht nur zu einer Volumenreduktion, sondern auch zu einer Längenreduktion, die neben einer Erhöhung des Sättigungsgefühls auch mit einer verzögerten Magenentleerung einhergeht. Im Gegensatz zur LSG bleiben bei der ESG die Innervation, Blutversorgung und Hormonproduktion des Magens erhalten. Obwohl die ESG eine leicht geringere TBWL im Vergleich zur LSG erreicht, ist sie mit einer geringeren Gesamtrate unerwünschter Ereignisse und einer niedrigeren Rate von neu auftretendem gastroösophagealem Reflux (GERD) verbunden.

Im Jahr 2022 veröffentlichten Barham K Abu Dayyeh und seine Kollegen im Fachjournal „Lancet“ die Ergebnisse ihrer randomisiert kontrollierten Multicenterstudie (MERIT). Die Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit der ESG in Kombination mit moderaten Lebensstilinterventionen (n = 85) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die allein Lebensstilinterventionen erhielt (n = 124), bei Patienten mit Adipositas der Klasse I oder II (BMI von 30–40 kg/m²), und zeigte für die ESG-Gruppe nach 52 Wochen einen signifikant höheren überschüssigen Gewichtsverlust (EWL) sowie TBWL.

Obwohl die Daten zu GLP-1-Rezeptoragonisten in der Therapie der Adipositas vielversprechend hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofile sind, hängt ihre Wirkung von der kontinuierlichen Anwendung dieser Medikation ab. Das Absetzen dieser Medikamente führt erneut zu Gewichtszunahme. Im Gegensatz dazu scheint die Wirksamkeit der ESG auf einer inhärenten und anhaltenden pathophysiologischen Grundlage zu beruhen.

Zusammenfassend zeigen die Daten der MERIT-Studie erneut die wichtige Rolle der endoskopischen Therapie in der Behandlung der Adipositas auf und legen nahe, dass die ESG eine wirksame und sichere endoskopische Option zur Gewichtsreduktion darstellt. Langzeitdaten sind allerdings von entscheidender Bedeutung, um die Nachhaltigkeit der Ergebnisse und somit die Eignung des Verfahrens im Langzeitverlauf zu bewerten.

Es besteht auch Bedarf an sorgfältig geplanten randomisiert kontrollierten Studien, welche die ESG mit chirurgischen bariatrischen Verfahren wie der LSG sowie den GLP-1-Rezeptoragonisten vergleichen. Diese Untersuchungen würden dazu beitragen, das Spektrum der Indikationen und die Auswahlkriterien für EBTs besser zu definieren. Während wir auf solche Daten warten, liefert die MERIT-Studie klare Belege dafür, dass die ESG im kurzfristigen Verlauf sicher und systematisch wirksam ist, insbesondere in der Therapie der Adipositas Grad I und II, und stellt somit eine willkommene Ergänzung zu den bisher verfügbaren Behandlungsoptionen dar.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
12. Dezember 2023

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