Intensivmedizin up2date 2024; 20(03): 325-340
DOI: 10.1055/a-2164-1948
Allgemeine Intensivmedizin

Tuberkulose auf der Intensivstation: Wann daran denken – wie behandeln?

Katharina Heinig-Menhard
,
Justin Hetrodt
,
Marion Heiß-Neumann

Aktive Tuberkuloseerkrankungen führen am häufigsten über eine respiratorische Insuffizienz bei ausgedehntem Lungenbefall zur Aufnahme auf eine Intensivstation, aber auch andere Organe können betroffen sein. Die Prognose von kritisch kranken Patienten mit Tuberkulose (TB) hängt entscheidend von der Dauer bis zur Therapieeinleitung ab. Die Therapie folgt im Wesentlichen den Leitlinienempfehlungen für alle TB-Erkrankungen, dennoch sind im intensivmedizinischen Setting etliche Besonderheiten zu beachten.

Kernaussagen
  • Kritisch an Tuberkulose (TB) Erkrankte haben eine hohe Mortalität, die aber entscheidend durch die rasche Diagnosestellung und Therapieeinleitung beeinflusst werden kann.

  • Klinische Hinweise auf eine TB ergeben sich aus typischen radiologischen Befunden, wie Kavernen, großen exsudativen Infiltraten, Bronchiolitis oder ausgedehnten, einschmelzenden Lymphknoten oder Weichteilprozessen, sowie anamnestisch bei Vorliegen einer Immunsuppression oder TB-Kontakt.

  • Die TB-Diagnostik muss als direkter Erregernachweis mittels Mikroskopie, PCR und Kultur konkret angefordert werden. Hierzu eignen sich je nach vermuteter Manifestation der TB respiratorische Materialien, Punktate, Gewebebiopsien, Liquor, Urin oder Zitratblut.

  • Neben der Diagnosesicherung sollte die mikrobiologische Diagnostik immer eine Resistenztestung per phänotypischer Testung und vorab auch mit molekulargenetischen Methoden anstreben.

  • Die Therapie folgt auch beim kritisch kranken Patienten zunächst den Empfehlungen der Leitlinie zur Standardtherapie, erfordert aber im intensivmedizinischen Setting häufig eine Anpassung an die Organfunktion und sollte initial am besten parenteral gegeben werden.

  • Im weiteren Verlauf muss die Therapie weiter angepasst und schließlich oralisiert werden. Besonderes Augenmerk sollte hier auch auf die erst im Verlauf vorliegende Empfindlichkeitstestung gerichtet werden.

  • Die respiratorische Insuffizienz führt bei Patienten mit TB am häufigsten zur Aufnahme auf die Intensivstation. High-Flow und NIV (nicht invasive Beatmung), aber auch Intubation und invasive Beatmung können unter entsprechenden Schutzmaßnahmen ohne Verzögerung durchgeführt werden.

  • Als Komplikationen können endobronchiale Blutungen oder Pneumothorax, Medikamentennebenwirkungen oder immunrekonstitutions-Syndrome zur akuten Verschlechterung führen. Alle interventionellen Techniken zum Management der Komplikationen sowie ein engmaschiges Monitoring hinsichtlich Nebenwirkungen müssen daher zur Verfügung stehen. Bei IRIS im Verlauf kommen nach Ausschluss von Superinfektionen Steroide zum Einsatz.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. August 2024

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