Zusammenfassung
Hintergrund
Die spontane intrakranielle Hypotension (SIH) ist ein unterdiagnostiziertes Krankheitsbild, das jedoch aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zunehmend Aufmerksamkeit erfährt. Die Diagnosestellung kann durch ein breites klinisches Erscheinungsbild und Fallstricke in der Bildgebung verzögert werden. Daraus resultiert eine hohe körperliche Beeinträchtigung für die Patienten, einschließlich sozialer und psychischer Folgen sowie Langzeitschäden bei prolongierter Diagnostik und Therapie.
Methode
Basierend auf einer selektiven Literaturrecherche auf PubMed mit Einschluss aller Arbeiten zwischen 1990 und 2023 sowie der klinischen Erfahrung aus der Arbeit der Autoren in einem CSF-Zentrum.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
SIH betrifft meist Frauen im mittleren Alter, Leitsymptom ist dabei der lageabhängige orthostatische Kopfschmerz. Daneben gibt es ein breites Spektrum weiterer möglicher Symptome, die sich mit anderen Krankheitsbildern überlappen können und dementsprechend die Diagnosestellung erschweren. Der ursächliche spinale Liquorverlust lässt sich in drei Haupttypen unterteilen: das ventrale (Typ 1) und laterale (Typ 2) Duraleck sowie die Liquor-Vene-Fistel (Typ 3). Die Diagnostik kann über eine zweistufige Aufarbeitung erfolgen. Im ersten Schritt liefert die nicht invasive MRT von Kopf und Wirbelsäule Hinweise auf das Vorliegen einer SIH. Der zweite Schritt mittels gezielter Myelografie kann den genauen Ort des Liquoraustritts identifizieren und eine gezielte Behandlung ermöglichen (operativ oder interventionell). Eine intrathekale Druckmessung oder die intrathekale Gabe von Gadolinium ist dabei zur Primärdiagnostik nicht mehr notwendig. Ernstzunehmende Komplikationen im Verlauf der Krankheit bestehen z.B. in raumfordernden Subduralhämatomen, der superfiziellen Siderose und Symptomen im Rahmen eines „brain sagging“, was zu Fehlinterpretationen führen kann. Die Therapie besteht im Verschluss des Duralecks bzw. der Liquorfistel. Auch nach erfolgreicher Therapie können Rezidive auftreten, was die Wichtigkeit einer klinischen Nachsorgeuntersuchung einschließlich Follow-Up-MRT betont und den chronischen Charakter der Krankheit unterstreicht. Diese Arbeit liefert eine Übersicht über den diagnostischen Work-Up von Patienten mit Verdacht auf SIH und neue Entwicklungen in Bildgebung und Therapie.
Kernaussagen
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Die SIH ist ein unterdiagnostiziertes Krankheitsbild mit einer großen Variationsbreite möglicher Symptome.
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Der erste Diagnostikschritt mittels MRT liefert Hinweise auf das Vorliegen einer SIH.
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Der zweite Diagnostikschritt mittels (dynamischer) Myelographie kann das Liquorleck identifizieren.
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Eine Zusammenarbeit mit einem CSF-Zentrum ist bei weiterführender Diagnostik und Therapie sinnvoll.
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Eine zeitnahe Erkennung und Behandlung der SIH verbessert das Outcome.
Zitierweise