Familiäre Tumorerkrankungen verlangen im Vergleich zu sporadischen Tumoren ein unterschiedliches chirurgisches Vorgehen. Darüber hinaus können mit Wissen um diese familiären Tumorsyndrome andere Tumoren des Syndroms frühzeitig entdeckt und ggf. therapiert werden. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen klinisch relevanten familiären Tumorsyndrome.
Kernaussagen
Familiäre Erkrankungen mit endokrinen Tumoren werden durch veränderte Chromosomen und Mutationen spezifischer Genabschnitte oder einzelner Kodons (Basenpaare) hervorgerufen.
Die bisher bekannten Mutationen können Einzeltumoren oder ganze Syndrome hervorrufen. Sie wirken krankheitsbestimmend (direkte Genotyp-Phänotyp-Korrelation, z. B. RET-Mutationen 634/721/918 beim medullären Schilddrüsenkarzinom) oder nur modulierend auf das Tumorgeschehen.
Bei einem großen Teil familiär gehäuft auftretender endokriner Tumoren ist die Bedeutung genetischer Determinierung im Vergleich zur Bedeutung von exogenen Faktoren (z. B. alimentäre) nicht eindeutig geklärt.
Die Familiarität ist für die Einschätzung der Tumoren und Behandlung der Patienten wichtig. So müssen die klinisch relevanten familiären Tumorsyndrome bekannt sein, da sie ein unterschiedliches chirurgisches Vorgehen im Vergleich zu sporadischen Tumoren verlangen.
Bei fehlendem Wissen um diese Besonderheiten kann die inadäquate Therapie zu Persistenz und frühem Rezidiv der Erkrankung führen.
Zusätzlich besteht bei Wissen um das jeweilige Syndrom die Möglichkeit, andere Tumoren des Syndroms frühzeitig zu entdecken, gefährdete Familienmitglieder zu erkennen und möglicherweise auch prophylaktisch zu therapieren.
Dies hat bei einigen familiären Syndromerkrankungen, z. B. bei multipler endokriner Neoplasie Typ 2a, zu einer verbesserten Prognose der genetisch als Mutationsträger erkannten und prophylaktisch behandelten Familienangehörigen geführt.
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