Zusammenfassung
Einführung In ländlichen Regionen gibt es immer weniger Notaufnahmen mit
pädiatrischer Fachexpertise. Telemedizinische Lösungen werden vereinzelt
eingesetzt, bringen jedoch besondere Herausforderungen mit sich, da für
Einschätzungen des kindlichen Gesundheitsstatus Sinne wie der Tast- und
Geruchssinn nicht eingesetzt werden können. Im Projekt wurde die Implementation
einer telemedizinischen, krankenhausübergreifenden Dringlichkeitseinschätzung in
pädiatrischen Notaufnahmen erprobt und evaluiert. Die telemedizinischen
Dringlichkeitseinschätzungen erfolgten per Videokonferenz zusätzlich zum
üblichen vor Ort-Vorgehen. Die primären Ergebnisse der Konkordanz-Analyse wurden
bereits publiziert. In dieser Arbeit werden Ergebnisse der
Implementationsevaluation beschrieben.
Methoden Die telemedizinische Dringlichkeitseinschätzung wurde in fünf
pädiatrischen Notaufnahmen in den Jahren 2015-19 in Mecklenburg-Vorpommern
durchgeführt. Für die Evaluation der Implementation wurden verschiedene Methoden
genutzt. Berichtet wird hier (a) aus einem Eltern-Fragebogen mit zwei zu
bewertenden Statements (gesamte Projektlaufzeit), (b) aus einer Befragung der
telemedizinisch agierenden ÄrztInnen nach jeder Videokonferenz (gesamte
Projektlaufzeit) und (c) aus einer detaillierten Prozess-Begleit-Dokumentation
(gestartet ab Juli 2017).
Ergebnisse Es wurden 266 unter 18-jährige PatientInnen in die Studie
eingeschlossen, rekrutiert in vier Krankenhäusern. (a) 210 Eltern füllten den
Fragebogen aus. 78% der Eltern fühlten sich adäquat betreut und 70% können sich
vorstellen, dass sich die Telemedizin zukünftig als ergänzende
Versorgungsmaßnahme etabliert. (b) Die Ärzte-Fragebögen für die telemedizinische
Seite wurden für 232 Fälle (87%) ausgefüllt. Die Zufriedenheit wurde im Mittel
mit 1,8 bewertet (95%-Konfidenzintervall: 1,64; 1,95). (c) Die häufigste
Problembeschreibung betraf die technische Durchführung der Videokonferenz. Die
Auswertung der Begleit-Dokumentation ergab insbesondere Implementationsbarrieren
im Technikbereich (z. B. eingeschränkte Video- und/oder Audio-Qualität) und in
der Bereitstellung personeller Ressourcen.
Schlussfolgerung Das Projekt konnte trotz Implementationsbarrieren zeigen, dass
eine telemedizinische Dringlichkeitseinschätzung in der pädiatrischen
Akutversorgung eine vielversprechende Option zur Unterstützung der Versorgung
ist. Die meisten Teilnehmenden brauchten ein hohes Maß an Unterstützung, was
teilweise auf eine eher geringe digitale Kompetenz schließen lässt. Eine
zunehmende Akzeptanz telemedizinischer Funktionalitäten braucht
gesamtgesellschaftliche Veränderungen mit verbesserten Rahmenbedingungen.
Schlüsselwörter
Telemedizin - Pädiatrie - akut - Primärversorgung - ländliche Regionen - Dringlichkeitseinschätzung