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DOI: 10.1055/a-2343-2901
Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Schwerpunktheft aus dem Bereich Trauma im Zentralblatt für Chirurgie ist überfällig und hochaktuell. Zum einen ändert sich auch im Bereich der Traumaversorgung in Deutschland vieles aufgrund der angespannten Situation in den Kliniken, aber noch mehr infolge der notwendigen Spezialisierungen und Zentralisierungen in den Traumanetzwerken. Zum anderen sind wir mit kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa konfrontiert und auch in Deutschland sind viele schwerverletzte ukrainische Soldaten behandelt worden. Der speziellen Situation von Schwerstverletzten in Kriegen widmet sich der Artikel von Franke et al. [1] aus den Bundeswehrkrankenhäusern Koblenz und Ulm. Hier werden die Unterschiede und die Spezifika in der Versorgung von Schwerstverletzten in zivilen Situationen und im Krieg beleuchtet. Es werden die Algorithmen der Bundeswehr sowie in den Konzepten der NATO thematisiert und es fließen Erfahrungen der Bundeswehr aus den Einsätzen in Afghanistan ein. Aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine hatte das Bundesverteidigungsministerium die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) damit beauftragt, in ihrem TraumaNetzwerk im Kleeblattprinzip die Verteilung von schwerverletzten ukrainischen Soldaten zu organisieren.
Die Versorgung von Schwerverletzten betrifft verschiedene Organsysteme und bedarf hochprofessioneller Teamstrukturen, um eine hohe Ergebnisqualität zu gewährleisten. Vital kritische Organsysteme bzw. anatomische Kompartimente stellen hier besonders der Thorax und das Abdomen dar. Für das häufig lebensbedrohliche abdominelle Trauma haben Schild-Suhrens et al. [2] eine Übersicht geschaffen, die die wesentlichen Organverletzungen von Leber, Milz, Pankreas und auch der Niere beleuchtet. Unter Beteiligung sehr sachverständiger interventioneller Radiologen werden mögliche nicht operative Techniken diskutiert, die in jedem erfahrenen großen Traumazentrum 24/7 vorhanden sein müssen.
Bei Schwerverletzten liegt laut TraumaRegister DGU bei 50% der Patientinnen und Patienten ein Thoraxtrauma vor. Spering et al. [3] haben sich sehr detailliert dem Management des Thoraxtraumas gewidmet, das sehr häufig eine Priorisierung im Schockraum erhält und glücklicherweise zügig durch die Anlage von Thoraxdrainagen oder minimalinvasiven OP-Techniken zu therapieren ist.
Eine relevante Frage bleibt nach der häufigsten Todesursache von Schwerverletzten: Woran verstirbt der schwerverletzte Patient? Der Herausgeber ist Lefering et al. [4] sehr dankbar, die hochinteressanten Daten aus 30 Jahren TraumaRegister DGU für dieses Schwerpunktheft aufgearbeitet zu haben. Es zeigt sich hier, dass mit zunehmendem zeitlichem Abstand vom Trauma schnell die Letalität sinkt und das Schädel-Hirn-Trauma die dominante Todesursache darstellt.
Wolfgang Lehmann [5] aus Göttingen skizziert in seinem Artikel die Zukunft der Traumaversorgung in Deutschland. Er erarbeitet die aktuellen Probleme der zunehmenden Fallzahlen bei reduzierten Bettenkapazitäten, die langfristig Sorgen bereiten können. Dieses berufspolitisch überaus wichtige Thema muss jetzt diskutiert und angegangen werden. Hierzu ist die Beteiligung aller Stakeholder zwingend notwendig, um langfristig belastbare Strukturen zu schaffen, die eine hohe Ergebnisqualität gewährleisten.
Ich hoffe, dass Ihnen die Lektüre dieses Schwerpunktheftes Freude bereitet und Einblicke in die Traumaversorgung gibt. Wir Allgemein-, Viszeral-, Thorax und Gefäßchirurgen sind häufig im Schockraum und auf den Intensivstationen gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Unfallchirurgie in der Behandlung von Schwerverletzten vereint.
Mit besten Grüßen aus Göttingen
Michael Ghadimi
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
07. August 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Franke A, Sahm J, Bieler D. et al. Schwerstverletztenversorgung in kriegerischen Auseinandersetzungen. Zentralbl Chir 2024; 149: 350-358
- 2 Schild-SuhrensYilmaz E, Biggemann L. et al. Management von Verletzungen parenchymatöser Abdominalorgane. Zentralbl Chir 2024; 149: 359-367
- 3 Spering C, Lehmann W. Das schwere Thoraxtrauma: Indikationen und Kontraindikationen für operative und nicht operative Versorgungsstrategien. Zentralbl Chir 2024; 149: 368-377
- 4 Lefering R, Bieler D. Woran stirbt der schwerverletzte Patient: eine Analyse aus 30 Jahren TraumaRegister DGU. Zentralbl Chir 2024; 149: 378-383
- 5 Lehmann W, Spering C. Zukunft der Traumaversorgung in Deutschland. Zentralbl Chir 2024; 149: 384-390