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DOI: 10.1055/a-2410-4180
Kommentar zu: PPAR-Agonist bei primär biliärer Cholangitis wirksam
Die Therapie der primär biliären Cholangitis (PBC) ist im Umbruch; die Marktzulassung der bisherigen Zweitlinienoption Obeticholsäure steht infrage, stattdessen ist seit Kurzem Elafibranor [1], ein dualer Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor-alpha/delta-(PPARα/δ-)Agonist, zugelassen. Der PPARα/δ/γ-Agonist Bezafibrat wird in der klinischen Praxis bereits erfolgreich zur Zweitlinienbehandlung der PBC eingesetzt, insbesondere bei Patient*innen mit Juckreiz, ist für diese Indikation jedoch nicht zugelassen (Off-Label-Use). Basierend auf den Daten der Phase-III-Studie RESPONSE erwarten wir, dass bald auch der selektive PPARδ-Agonist Seladelpar für die Zweitlinientherapie der PBC zur Verfügung steht [2].
Die Wirksamkeit von Seladelpar hinsichtlich der Verbesserung der Leberwerte und der Linderung von Juckreiz ist überzeugend und liegt vermutlich in einem ähnlichen Bereich wie bei Bezafibrat [3] oder Elafibranor [1]. Gegenüber Bezafibrat scheint Seladelpar Vorteile im Nebenwirkungsprofil aufzuweisen: muskelassoziierte Nebenwirkungen, die unter Bezafibrat in bis zu 20% der Fälle beobachtet werden [4], traten unter Seladelpar nicht häufiger auf als unter Placebo – auch nicht in Kombination mit Statinen. Ebenso scheint Seladelpar für die Nierenfunktion sicher zu sein. Gegenüber Elafibranor gibt es für Seladelpar noch überzeugendere Daten, dass der cholestatische Juckreiz deutlich zurückgeht. Ein relevanter Anstieg der Transaminasen über das 3-Fache der oberen Norm, der insbesondere bei Patient*innen mit Leberzirrhose unter Bezafibrat in etwa 3–5% der Fälle auftritt und zumeist einen Therapieabbruch erfordert [4], wurde unter Seladelpar nicht beschrieben – auch nicht in der offenen Verlängerungsstudie von RESPONSE, der ASSURE-Studie (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03301506). In der offenen Verlängerungsstudie werden auch eine größere Zahl von Patient*innen mit PBC und (kompensierter) Leberzirrhose behandelt; auch in dieser Risikogruppe ist Seladelpar wirksam und sicher einsetzbar.
Die gewählten Kriterien von RESPONSE für die Beurteilung des biochemischen Ansprechens sollten jedoch enger gefasst werden – eine vollständige Normalisierung der alkalischen Phosphatase und ein Bilirubinwert unter dem 0,6-Fachen der oberen Normgrenze sind zukünftige Therapieziele für die PBC, vor allem bei Patient*innen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf wie junges Alter oder männliches Geschlecht [5]. Vor diesem Hintergrund sollten die Ansprechraten auf Seladelpar neu bewertet werden.
Insgesamt bleibt abzuwarten, ob Seladelpar neben den Leberwerten auch „harte“ klinische Endpunkte wie Fibroseentwicklung oder transplantationsfreies Überleben für Patient*innen mit PBC positiv beeinflusst. Biochemische Wirksamkeit, transplantationsfreies Überleben, Symptomverbesserung, Nebenwirkungen und Kosteneffizienz sind wichtige Parameter für die zukünftige Beurteilung und den direkten Vergleich der PPAR-Agonisten in der klinischen Praxis. Die neuen Entwicklungen im Bereich der Zweitlinientherapie sind vielversprechend und bieten das Potenzial, sowohl die Prognose als auch die Lebensqualität von Patient*innen mit PBC zu verbessern.
Publication History
Article published online:
11 December 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Kowdley KV, Bowlus CL, Levy C. et al. Efficacy and Safety of Elafibranor in Primary Biliary Cholangitis. N Engl J Med 2024; 390: 795-805
- 2 Hirschfield GM, Bowlus CL, Mayo MJ. et al. A Phase 3 Trial of Seladelpar in Primary Biliary Cholangitis. N Engl J Med 2024; 390: 783-794
- 3 Corpechot C, Chazouillères O, Rousseau A. et al. A Placebo-Controlled Trial of Bezafibrate in Primary Biliary Cholangitis. N Engl J Med 2018; 378: 2171-2181
- 4 Corpechot C. The Role of Fibrates in Primary Biliary Cholangitis. Curr Hepatology Rep 2019; 18: 107-114
- 5 Perez CFM, Harns MH, Lindor KD. et al. Goals of treatment for improved survival in Primary Biliary Cholangitis: Treatment target should be bilirubin within the normal range and normalization of alkaline phosphatase. Am J Gastroenterol 2020; 115: 1066-1074