Zusammenfassung
Hintergrund
Primäre Kiefertumoren stellen einerseits seltene Tumorentitäten dar und weichen andererseits hinsichtlich ihres differenten und oft ungewohnten radiologischen Erscheinungsbildes von den vom übrigen Skelett bekannten, typischen radiologischen Knochentumormerkmalen ab. Ursachen sind zum einen die eng benachbarte Koexistenz zweier ontogenetisch differenter anatomischer Strukturen (zahnbildender Apparat und Kieferknochen nebst Gingiva), zum anderen einiger, nahezu exklusiv am Kiefer anzutreffender Tumorentitäten (z.B. Ameloblastom, ossifizierendes Fibrom, Schattenzellkarzinom).
Die vorliegende Arbeit möchte daher auf einige Grundprinzipien der diagnostischen Herangehensweise und radiologischen Differenzierung tumorverdächtiger und dysplastischer Veränderungen am gnathischen System eingehen und erläutern.
Methode
Die vorliegende Arbeit stützt sich maßgeblich auf die aktuelle WHO-Klassifikation odontogener und maxillofazialer Tumoren (5. Auflage, 2022), entlang welcher ausgesuchte und typische Tumorentitäten besprochen werden. Aufgrund des edukativen Charakters der Arbeit werden dabei lediglich wichtige und erwähnenswerte Tumoren und deren Charakteristika aus der Literatur extrahiert und diskutiert. Der Fokus liegt hier auf der Beschreibung radiologischer Tumormerkmale bzw. der sinnvollen Auswahl des radiologischen Instrumentariums. Der besseren Veranschaulichung wegen wird auf umfangreiches Bildmaterial Wert gelegt.
Schlussfolgerungen
Dem Radiologen fällt die Aufgabe zu, Kiefertumoren zu detektieren, zu beschreiben und einzuordnen. Die notwendige Kenntnis von Anamnese und klinischer Symptomatik setzt eine enge Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern voraus. In vielen Fällen wird man sich der Diagnose nur annähern können, was aber für die Eingrenzung möglicher, in Frage kommender Entitäten schon hilfreich sein kann (z.B. Differenzierung Zyste vs. solide Tumorosteolyse, Abgrenzung Kieferosteomyelitis gegen Tumorinfiltration, Erkennen einer sekundären Tumorbeteiligung des Kiefers).
Kernaussagen
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Primäre Kiefertumoren sind sehr selten, bildgebend schwer zu differenzieren und verlangen daher eine histologische Abklärung;
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Kenntnis typischer Kiefertumormerkmale (Lage, Zahnbezug, Destruktionsmuster) erlaubt eine grobe Eingruppierung;
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matrixbildende Kiefertumoren und Dysplasien erleichtern die radiologische Diagnostik und Einordnung;
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Osteolysen hingegen sollten sorgfältig hinsichtlich häufiger Zysten und selteneren soliden Tumoren differenziert werden;
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die interdisziplinäre Fallbesprechung unter erfahrenen Kieferchirurgen und Radiologen kann grobe Fehleinschätzungen vermeiden.
Zitierweise