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DOI: 10.1055/a-2427-4782
„ Wir leben Heilpflanzen! “
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Es ist ungewöhnlich, ich weiß. Aber ich tu’s trotzdem. Ich werde Ihnen in diesem Editorial ein Buch vorstellen. Es passt so wunderbar zum Themenschwerpunkt, und es hat mich begeistert!
„Lexikon der Liebesmittel“ ist der Titel, geschrieben hat dieses Werk der leider 2022 verstorbene Altamerikanist, Ethnopharmakologe und Ethnobotaniker Christian Rätsch zusammen mit seiner langjährigen Lebenspartnerin, der Kunsthistorikerin und Ethnologin Claudia Müller-Ebeling. Das Buch ist 2003 im AT-Verlag erschienen, vor mir liegt die 2023 nachgedruckte 2. Auflage. 784 Seiten stark ist es, und mit einem Format von 19,5 cm × 26,5 cm würde das Buch auch zweifellos ein lediglich hübsches Coffee Table Book abgeben, das den Beistelltisch am Sofa dekoriert (das Cover ist ein Hingucker!) Doch welch Verschwendung, es einfach nur zur so zu nutzen!
Ich nehme das Buch seit Tagen wieder und wieder in die Hände, blättere hierhin und dorthin, stoße unter den über 400 steckbriefartig strukturiert beschriebenen mineralischen, tierischen und pflanzlichen Liebesmitteln immer wieder auf welche, von denen ich noch nie gehört habe – oder sie nie als Aphrodisiaka gesehen hätte. Gips beispielsweise zählt dazu, die Karotte oder Passionsblume, sogar der Yeti!
Dass es hier nicht rein um Substanzen mit inhaltsstoffbasierter Wirkung geht, wird mir nach wenigen Seiten klar. Natürlich sind diese reichlich vertreten, und die Autorin und der Autor führen zugehörige Inhaltstoffe auf, ordnen die Wirkung der Substanzen als Aphrodisiaka ein, schreiben über Gebrauch, Anwendung und Dosierung; es finden sich auch zahlreiche Rezepturen für den Eigenversuch. Doch neben alldem fesselt mich dieses Buch mindestens ebenso mit seinen vielfältigen geschichtlichen, kulturellen und kulturhistorischen, mythologischen Einordnungen von Substanzen als Liebensmittel, und ich genieße sie, diese Bildung durch Herrn Rätsch und Frau Müller-Ebeling, weil sie so fundiert ist, mit einer solchen Akribie recherchiert und zusammengestellt, weil beide nie dozieren, sondern kenntnisreich und mit erzählerischer Begeisterung schreiben. Wo möglich illustrieren oder vervollständigen sie ihre Texte mit Bildern von Pflanzen, Kunstwerken, historischen Drucken und Gemälden. Jede Seite dieses Werkes ist ein Genuss!


Doch bevor Sie sich dieses Buch kaufen und sich wie ich darin verlieben, schwelgen Sie zuerst in der Lektüre dieser Ausgabe von Heilpflanzen! Hier finden Sie auf 84 Seiten Liebesmittel wie Damiana oder Kakao und Vanille, Basilikum und Liebstöckel und viele mehr, ebenfalls kenntnisreich beschrieben und ansprechend bebildert. Wie immer mit zahlreichen Rezepten und Rezepturen!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Zubereiten und Anwenden!
Ihr
Christian Böser
Redakteur Heilpflanzen
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
14. März 2025
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