Nervenheilkunde 2025; 44(03): 176
DOI: 10.1055/a-2449-1548
Gesellschaftsnachrichten

Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie e. V.

Psychotherapie in der akutstationären psychiatrischen Behandlung: BGPN-Symposium beim DGPPN-Kongress 2024

Als kooperierende Fachgesellschaft der DGPPN hat die BGPN auf dem DGPPN-Kongress 2024 in Berlin wieder ein eigenes Symposium ausgerichtet. Das Thema „Psychotherapie in der akutstationären psychiatrischen Behandlung: Die traurige Realität und Wege zu einer leitliniengerechten Therapie“ stieß auf große Resonanz, was sich an dem sehr gut gefüllten Veranstaltungssaal und der lebhaften Diskussion zeigte.

Ausgangspunkt war die bedauerliche Diskrepanz zwischen Wirksamkeit und Erfordernis psychotherapeutischer Behandlung bei akuten, stationär behandelten psychiatrischen Erkrankungen einerseits und der unter den realen Bedingungen tatsächlich möglichen Umsetzung andererseits. Die S3-Leitlinien für die großen psychiatrischen Erkrankung wie Schizophrenie, Depression und bipolare Störung empfehlen eine systematische psychotherapeutische Behandlung auch in der Akutphase im Krankenhaus. Eine leitliniengerechte psychotherapeutische Behandlung scheitert aber vorrangig an der personellen Ausstattung, wie sie durch die PPP-RL vorgegeben wird. Hinzu kommt, dass die PPP-RL oftmals nicht erfüllt wird, obwohl sie lediglich Mindeststandards definiert, und dass die Personalquote aufgrund von Abwesenheit von Mitarbeitenden, Fachkräftemangel und Überbelegung weiter unterschritten wird.

Prof. Dr. med. Mathias Berger

Der Griesinger-Medaillenträger 2018 der BGPN Prof. Berger, Freiburg, dem am Vortag auch die gleichnamige Medaille der DGPPN verliehen worden war, zeigte in einem beeindruckenden Vortrag sie systematische Unterbesetzung der psychiatrischen Kliniken mit psychotherapeutischem Personal und die Ursachen hierfür auf und schlug einen Bogen zu den Schwächen und Fehlanreizen des ambulanten psychotherapeutischen Versorgungssystems. Hieraus leitete er ab, wie die psychotherapeutischen Ressourcen mit einer Priorisierung nach Schweregrad der Erkrankung und Dringlichkeit des Behandlungsbedarfs besser allokiert werden sollten.

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Referent und Träger der Berliner Griesinger-Medaille Prof. Dr. Mathias Berger lauscht den anderen Vorträgen. (Quelle Foto: ©Bschor)

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Dr. rer. nat. Mareike Samaan

Dr. Samaan stellte Methodik und Ergebnisse einer Studie zur Entwicklung eines evidenzbasierten, praxisorientierten Leitfadens zur Ermittlung des Personalbedarfs in psychiatrischen Krankenhäusern dar. An ihrem Berliner Versorgungskrankenhaus, dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberg (KEH), wurden unter Berücksichtigung der S3-Leitlinien 5 Hauptdiagnoseklassen analysiert und die Minutenwerte durch Expertengruppen ermittelt. Deutliche Diskrepanzen zwischen den Mindestvorgaben der PPP-RL und einer leitliniengerechten Behandlung traten zutage. Der psychiatrische Chefarzt des KEH Dr. med. Christoph Schade ergänzte, dass mithilfe der Ergebnisse in den Verhandlungen mit den Kostenträgern eine Aufstockung der Personalausstattung erreicht werden konnte.


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Prof. Dr. med. Michael Franz

Im dritten Vortrag präsentierte Prof. Franz, Ärztlicher Direktor des Vitos Klinikums Gießen-Marburg, Behandlungspfade innerhalb störungsspezifischer Stationen und einen pragmatischen Ansatz einer modularen prozessbasierten Psychotherapie, um Kliniken in die Lage zu versetzen, Patienten von Beginn an störungsspezifisch multiprofessionell psychotherapeutisch zu behandeln. Er stellte vielversprechende erste Daten des in seiner Klinik implementierten und evaluierten anwendungsorientierten Modells vor.

VERANSTALTUNGSHINWEIS

05.04.2025, 10–14 Uhr: Frühjahrstagung

Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Interventionen in Neurologie und Psychiatrie

(Kaiserin-Friedrich-Stiftung, Hörsaal)

KI in der Psychotherapie; Lea Schäfer, M.Sc., Berlin

DiGAS in der Psychiatrie – Quo vadis? Prof. Dr. Stephan Köhler, Berlin

KI in der Neuroradiologie; PD Dr. Jawed Nawabi, MHBA, Berlin

DiGAS in der Neurologie; PD Dr. Lars Neeb; Berlin

Grenzen Künstlicher Intelligenz in der klinischen Versorgung; Dr. Roman Wagner, Bonn

Tom Bschor, Berlin


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Publication History

Article published online:
04 March 2025

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