ZFA (Stuttgart) 2008; 84(8): 327-335
DOI: 10.1055/s-0028-1082066
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hausärztliche Behandlung von Patienten mit Depression: Wie, warum und mit welchem Erfolg? Eine systematische Literaturübersicht

Care of Depressive Patients in General Practice: How, Why and with How much Success? A Systematic ReviewC. C. Schürer-Maly 1 , H.-H. Abholz 1
  • 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
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Publikationsverlauf

eingereicht: 19.05.2008

akzeptiert: 03.07.2008

Publikationsdatum:
21. August 2008 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Für Patienten mit einer Depression steht der Hausarzt meist im Zentrum von Diagnostik und Therapie. Die Behandlung von Depressionen erfolgt in Hausarztpraxen sehr unterschiedlich und oft – nach Studienlage – nicht optimal. Es interessierten uns deshalb die Fragen: 1. Wie werden Depressionen in der Hausarztpraxis behandelt? 2. Welche Faktoren beeinflussen Wahl und Akzeptanz der Therapie? 3. Welche Ergebnisse erzielt die Depressionsbehandlung in der Hausarztpraxis?

Methode: Es erfolgte eine Literatur-Suche von 1999–2008 nach englisch- und deutschsprachigen Publikationen über Behandlungsmethoden und -erfolgen bei Depressionen in der Allgemeinmedizin.

Ergebnis: Von den gefundenen 1 798 Arbeiten wurden 250 evaluiert, die sich mit den gestellten Fragen beschäftigten, darunter 40 klinische Studien, von denen wir 21 sowie eine Metaanalyse einschließen konnten, weil sie sich genau auf unsere Fragestellung bezogen. Depressionen werden in der Hausarztpraxis vorwiegend medikamentös behandelt; nur etwa ein Fünftel der Patienten wird psychiatrisch oder psychologisch betreut. Die Therapie erfolgt jedoch in vielen Fällen nicht leitliniengerecht. Bis zu 50% der Patienten erhalten gar keine Therapie: Entweder weil die Ärzte die Depression nicht erkannten oder sich für ein abwartendes Verhalten entschieden. Dies ist auch durch die Erwartungen der Patienten mit bedingt, die Antidepressiva häufig als wenig wirksam einstufen und wegen befürchteter Nebenwirkungen oder aus Angst vor Abhängigkeit ablehnen. Aber es werden auch Patienten, die nach anerkannten Erfassungskriterien gar keine Depression haben, medikamentös behandelt.

Schlussfolgerung: Obwohl zahlreiche nationale Leitlinien mit weitgehend deckungsgleichen Empfehlungen zur Verfügung stehen, ist die Therapie von Depressionen in der Hausarztpraxis nach psychiatrischen Standards nicht optimal. Hintergrund könnte eine von Arzt und Patienten geteilte Skepsis gegenüber der medikamentösen Therapie sein.

Abstract

Background: In General practice treatment of depression often is very heterogeneous and not according to guidelines. The following questions should be answered: 1. How is depression treated in general practice? 2. Which factors influence the chosen therapy and its acceptance? 3. What are the therapeutic outcomes?

Methods: A literature search was performed from 1999 to 2008 for English and German publications concerning depression, therapy and its outcomes. Out of the 1 798 publications retrieved, 250 were related to our questions and 40 were clinical trials out of which 21 directly affected our issue. Also included was one metaanalysis.

Results: In general practice depression is treated predominantly with drugs; only about a fifth of patients are cared for by psychiatrists or psychologists. In many cases therapy is not in line with guidelines. Up to 50% of patients do not get any treatment because GPs miss the diagnosis or choose watchful waiting. This approach is influenced by expectations of patients who do not approve antidepressants because they fear side effects or dependency and do not believe in their positive effects. On the other hand patients, who by standardized criteria do not show any signs of depression, are treated with psychotropic drugs.

Conclusions: Despite many national guidelines with almost identical recommendations, therapy of depression in not sufficient according to psychiatric standards. Background for this could be a sceptical approach of patient and GP concerning the use of antidepressives.

Literatur

Korrespondenzadresse

Dr. C. C. Schürer-MalyMD 

Abteilung für Allgemeinmedizin

Universitätsklinikum Düsseldorf

Moorenstr. 5

40225 Düsseldorf

eMail: cornelia.schuerer@med.uni-duesseldorf.de