Ultraschall Med 2008; 29(4): 451-452
DOI: 10.1055/s-0028-1085524
ÖGUM-Mitteilungen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vorwort - Notfallsonografie

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Publication Date:
18 August 2008 (online)

 

Wenn die roten Zahlen bei den Krankenkassen sprunghaft ansteigen, werden hurtig Reformpakete geschnürt und die Gemüter erhitzt, neuerdings bis zum Streik. Letztlich findet sich ein kurzfristiger Kompromiss, mehr faul als weiter führend, zumindest mit fahlem Beigeschmack. Niemand kann dabei wirklich zufrieden sein, schon gar nicht der dadurch verunsicherte Patient.

Nachhaltige strukturelle Diskussionen werden wenig und nur oberflächlich geführt, weiterführende Konzepte im Keim erstickt und konsequent schubladisiert. Die österreichische Seele zeichnet sich weiterhin "durch vorauseilenden Gehorsam und nachhinkenden Widerstand aus" (E. Ringel) (Abb. [1]) .

Abb. 1

Durch die Entwicklung portabler Systeme erfährt die Sonografie einen Paradigmenwechsel mit völlig neuen Einsatzmöglichkeiten. Heute steht uns ein allseits einsetzbares Ultraschallstethoskop zur Verfügung, in der Notfallsonografie wie bei der Visite. Die portablen Geräte haben ihre technischen Grenzen, sind jedoch für viele Fragestellungen in ihrer Verlässlichkeit gut untersucht. Echokardiografisch beträgt die Übereinstimmung zwischen einem portablen System und dem High-End-Gerät 95%, sogar 97% bei Vitien [1]. In der Abdomen- und Thoraxsonografie wurde bei 574 Notfällen ohne Darmbeteiligung eine Übereinstimmung in 89% erzielt [2], Die Knopfologie will auch an diesen Geräten erlernt sein, der kleine Bildschirm ist bei längerer Untersuchung ermüdend (Abb. [2]).

Abb. 2

Mehrere Untersuchungen haben eine gewisse Effizienz der präklinischen Sonografie gezeigt, in dem beispielsweise durch eine Ultraschalluntersuchung am Unfallort und/oder während des Transports in 23% eine andere Klinik/Abteilung angefahren wird [3], [4], [5]). Damit ist noch nicht gesagt, dass jeder Notarztwagen mit US-Geräten ausgestattet werden soll. Dazu müssen Distanzen und Einsatzzeiten genauer betrachtet werden (Abb. [3]).

Abb. 3

Vorsichtige Erkundigungen zum Bedarf an Notfallsonografie im österreichischen Notfallsystem ergaben Kommentare wie: "Brauchen wir nicht" oder "Ein Ultraschallgerät hat keinen Platz im beengten Hubschrauber. Überdies müssen wir Gewicht sparen" Ein US-Mini hat ohne Schallsonde die Größe einer leeren Geldtasche und wiegt allemal 700 g.

Unfälle sind die Spitze des notfallmedizinischen Eisberges. In Summe präsentieren sich viel häufiger kardiale, gastrointestinale und respiratorische Erkrankungen als Notfälle. Wir sollten auch über eine ernsthafte Verbesserung der Sonografie in der ärztlichen Grundversorgung rechtzeitig nachzudenken.

In Österreichs Spitälern gibt es im internationalen Vergleich wenig konsequent strukturierte interdisziplinäre Notfallaufnahmen, dadurch eben zuviel Aufnahmen und Belegstage. Hoch spezialisierten Ambulanzen saugen tagsüber überflüssige Kontrolluntersuchungen an. Nachts stöhnen die Diensthabenden zu recht über Patienten, die gut extramural versorgt werden könnten. Die Sonografie hat ein bislang unterschätztes strategisches Potential.

Stellen wir einen guten Sonograför an die Spitalstür, dann werden mehr Patienten auf der richtigen Abteilung landen, frühzeitig richtig behandelt oder auch zu recht zum niedergelassenen Arzt geschickt: effizient und Kosten sparend (Abb. [4]).

Abb. 4

Aus den emergency rooms der USA kommt jetzt zunehmend die FAST-Sonografie (fucossed assessment sonography for trauma). Dort sollen die Emergency doctors jetzt ein bisschen Ultraschall selbst machen, was bisher überwiegend von sonographern, einer Art medizinisch technische Assistenten bewerkstelligt wird. Wir sehen die Sonografie als eine Fortsetzung der klinischen Untersuchung mit einem technischen Hilfsmittel, Aufgabe des Arztes. Na ja, wenn eine scheinbar neue Methode aus den USA kommt, dann wird man bei uns in einigen Jahren auch daran glauben. In den deutschsprachigen Ländern werden vergleichbare Vorgangsweisen schon länger besonders in mittleren und kleineren Krankenhäusern gepflegt, nur etwas besser.

Denn die FAST-Sonographie birgt auch die Gefahr, eben nur fast eine Sonografie zu bieten. Es kann beispielsweise verhängnisvoll sein, bei einem stumpfen Thorax- oder Bauchtrauma lediglich in Bauchhöhle, Perikard und Pleuraraum nach freier Flüssigkeit zu suchen und dabei die Milzruptur selbst zu übersehen. Der Fehler kann schon damit beginnen, dass ein frisches Hämatom nicht echoarm/-los sein muss, sondern durchaus auch einmal echogen imponiert. FAST, but not to fast - Eile mit Weile: Patientenorientiert, effizient und Kosten sparend [6]).

Europäisch betrachtet hat sich aus Italien, Frankreich und Rumänien eine interessante Notfallsonograpfie-Gruppe formiert und auch etliches hochkarätig publiziert (www.winfocus.org). Die EFSUMB hat entsprechende Empfehlungen für Ausbildung und Umsetzung vorgelegt (www.efsumb.org).

Wir von der ÖGUM arbeiten zur Zeit gemeinsam mit der DEGUM und SGUM intensiv an den Inhalten der Notfallsonografie und an entsprechenden Ausbildungskonzepten. Wir haben im Vergleich zu den USA auch andere Ausbildungskulturen. Gut Ding braucht Weile. Schnellsiederkurse in FAST-Sonografie könnten bei uns zu einer fast-Ausbildung verkümmern: zum Schaden für Patienten, Arzt und Methode.

Die Notfallsonografie stellt eine beträchtliche interdisziplinäre Herausforderung dar, zu deren Bewältigung wir Allgemeinmediziner, Anästhesisten, Chirurgen, Internisten, Notärzte, Radiologen, Unfallchirurgen u.a. einladen. Wenn Sie Interesse haben, schicken Sie uns doch eine Mail.

Einen erholsamen Sommer wünscht Ihnen Ihr

Prof. Dr. Gebhard Mathis

ÖGUM-Präsident

Literatur

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