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DOI: 10.1055/s-0028-1086165
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Suchtentstehung - Die Sucht einfach ausschalten?
Publication History
Publication Date:
19 November 2008 (online)
Das typische Verhaltensmuster Suchtkranker ist die ständige Suche nach der Droge. Bei der Kokainabhängigkeit sind offensichtlich molekulare Änderungen an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen im Belohnungssystem die Ursache. Hier bewirkt der Kokainkonsum folgenreiche Umbauprozesse an den Synapsen, wobei bestimmte Proteinuntereinheiten ausgetauscht werden mit der Folge, dass die Signale verstärkt übertragen werden. Dieser Prozess wurde als so genannte drogenvermittelte synaptische Plastizität beschrieben.
Heidelberger Forschern am Deutschen Krebsforschungszentrum gelang es nun, bei Mäusen selektiv genau diejenigen Proteine genetisch auszuschalten, die unter dem Einfluss von Kokain in die Rezeptorkomplexe an den Synapsen eingebaut werden. Unter dem Einfluss der Droge sowie nach längerer Abstinenz wurden die Tiere standardisiert auf ihr Suchtverhalten geprüft. Zunächst zu einer verstärkten Beweglichkeit auf der Suche nach der Droge angetrieben, klingt bei einer normalen Maus längere Zeit nach dem letzten Drogenkonsum das Suchtverhalten langsam ab und ihr Interesse für die kokainassoziierten Orte lässt nach. Bei Mäusen mit Veränderung der Rezeptoruntereinheit GluR1 hingegen hielt das Suchtverhalten dauerhaft an. Die in der Rezeptoruntereinheit NR-1 veränderten Mäuse erwiesen sich dagegen resistent gegenüber einem Rückfall in die Sucht, d.h. auch die nach einer Entwöhnung erneute Gabe an Kokain vermochte das Suchtverhalten nicht wieder zu wecken. Die Ergebnisse stützen die seit vielen Jahren diskutiere Rolle der drogenvermittelten synaptischen Plasizität bei der Suchtentstehung und eröffnen völlig neue Perspektiven in der Suchtbehandlung.
Quelle: Engblom D et al. Glutamate receptors on dopamine neurons control the persistence of cocaine seeking. Neuron 2008; 59: 497-508