Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2008; 5 - A69
DOI: 10.1055/s-0028-1096029

Intraoperativer Boost mit nieder-energetischer Röntgenstrahlung bei Brustkrebs: strahlenbiologische Modellierung des Fibroserisikos

C Herskind 1, U Kraus-Tiefenbacher 1, Q Liu 1, A Keller 1, K Fleckenstein 1, F Wenz 1
  • 1Universitätsklinikum Mannheim, Universitätsklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Mannheim, Deutschland

Zielsetzung: Die Rezidivrate nach brusterhaltender Chirurgie des Mammakarzinoms wird durch adjuvante Ganzbrustbestrahlung mit zusätzlichem Boost deutlich gesenkt. Ein Boost als Intraoperative Strahlentherapie (IORT) könnte theoretisch das Risiko verringern, verbleibende Tumorzellen im Tumorbett mit einem externen Boost zu verfehlen. Ziel war es das Normalgewebsrisiko nach der Kombination eines intraoperativen Boost mit 50kV Röntgenstrahlung und externer, konventioneller Ganzbrustbestrahlung zu modellieren.

Materialien und Methoden: Für IORT mit 50kV Röntgenstrahlung (Intrabeam®) werden sphärische Applikatoren in die Exzisionskavität eingesetzt und eine Dosis von 20Gy an der Applikatoroberfläche verabreicht. Modellberechnungen für die relative biologische Wirksamkeit (RBW) wurden auf Basis der radialen Dosisverteilung und der Gesamtbestrahlungszeit mittels des linear-quadratischen (L-Q) Formalismus durchgeführt. Die räumliche Verteilung des Fibroserisikos und der Rezidivrate wurden anhand publizierter Dosis-Wirkungsdaten klinischer Studien modelliert.

Ergebnisse: Modellberechnungen für IORT als Boost mit zusätzlicher Ganzbrustbestrahlung (23×2Gy) ergeben moderate bis schwere Fibrose in einer 4–5-fach größeren Ausdehnung im Tumorbett als nach alleiniger IORT. Tumorbettfibrose wäre somit bei nahezu allen Patientinnen zu erwarten, klinisch wurde dies aber viel seltener beobachtet (Wenz et al., The Breast, accepted). Weitere Modellberechnungen sagen eine sehr niedrige Rezidivrate voraus. Für weiterführende Studien möglicher genetischen Faktoren der Normalgewebssensitivität wurden im Rahmen des europäischen GENEPI Projektes Fibroblastenkulturen von mehr als 50 IORT Boost-bestrahlten Patientinnen etabliert.

Zusammenfassung: Die viel niedrigere Fibroserate als von den Modellberechnungen erwartet deutet auf eine mögliche Subadditivität des Boost und der Ganzbrustbestrahlung bei den Spätfolgen hin. Die Modellberechnungen sollen durch experimentelle Studien und klinische Langzeitbeobachtung überprüft werden.