Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2008; 5 - A84
DOI: 10.1055/s-0028-1096044

Web-basierte Studienrekrutierung via Brustkrebs-Studien.de (BCRM) – erste Ergebnisse und Perspektiven für Patientinnen sowie Integration in den klinischen Alltag

K Kansy 1, C Wallwiener 1, S Brucker 1, B Kansy 1, M Wallwiener 1
  • 1Brustzentrum Uni-Frauenklinik Tübingen, Tübingen, Deutschland

Hintergrund: Die Rekrutierung von Patientinnen stellt eine der Schlüsselpositionen für den wissenschaftlichen Fortschritt dar. Daher ist die Nutzung eines PC- und web-basierten Models für ein Routine-Screening zur Studienteilnahme ein konsequenter Schritt, um Rekrutierungsraten zu steigern. Während viele Konzepte den Arzt hierbei in der zentralen Rolle sehen, stellt dieses Projekt die Patientin in den Mittelpunkt und sucht nach Integrationsmöglichkeiten in den klinischen Alltag.

Ziele: Ziel dieser Studie war es, nach Etablierung eines der ersten umfassenden Brustkrebsportale in Deutschland einen Prototypen für ein web-basiertes Studienrekrutierungssystem (Breast Cancer Recruitment and Matching Tool BCRM) zu entwickeln. Anschließend sollten die Motivation und der Wissensstand von Patientinnen evaluiert werden und das System hinsichtlich Anwendbarkeit in klinischen Informationssystemen geprüft werden.

Material und Methoden: Um einen papierbasierten Prototypen des BCRMs zu entwickeln wurden die Teilnahmekriterien von 50 Brustkrebsstudien systematisch analysiert. Die Kriterien wurden in Kategorien eingeteilt und in einen Fragebogen übersetzt. Anschließend wurde überprüft, ob durch den Fragebogen die Teilnahmekriterien hinreichend abgedeckt wurden. Daraufhin wurden 50 Patientinnen gebeten, eine papierbasierte Version des Fragebogens auszufüllen, sowie das BCRM zu evaluieren (Anwendbarkeit). Die Angaben wurden dann hinsichtlich Korrektheit und Vollständigkeit mit den Angaben der Patientenakte verglichen und Studienempfehlungen generiert. Es erfolgte ein Abgleich mit den Empfehlungen des Tumor-Boards. Nach Befragung aller am klinischen Rekrutierungsprozess beteiligten Ärzte und Wissenschaftler wurde der Rekrutierungsablauf evaluiert und nach möglichen Schnittstellen der KIS mit dem BCRM untersucht. Der Datensatz des wöchentlichen interdisziplinären Tumor-Boards wurde mit dem BCRM-Datensatz abgeglichen. Ein sicherer Datentransfer wurde hergestellt und korrespondierende Daten in das BCRM importiert. Schließlich erfolgte die Testung des Prototypen anhand einer retrospektiven Analyse: 76 Patientinnen, die 2006 und 2007 im Tumor-Board für die Studien SUCCESS, FACE und GAIN rekrutiert worden waren, wurden mit der Rekrutierung per BCRM verglichen.

Ergebnisse: Der BCRM-Prototyp deckte im Schnitt 84% der Rekrutierungskriterien ab. Korrektheit und Vollständigkeit der von den Patientinnen gemachten Angaben war hoch mit einem Mittelwert von 88,8% (Korrektheit) und 70,4% (Vollständigkeit). Die Ergebnisse der Studienvorschläge basierend auf den Angaben der Patientinnen waren gleichwertig zu den Ergebnissen für die Patientenakte.

184 Dokumentationspunkte sind per KIS verfügbar, von denen 36 für das BCRM relevant sind. Die importierten Daten stimmten bei Verwendung des BCRM-Prototypen zu 100% überein. In der retrospektiven Analyse konnten 76 von 71 Patientinnen (93%) durch den BCRM-Prototypen rekrutiert werden (SUCCESS 21/22 (95%); FACE 22/26 (85%); GAIN 28/28 (100%).

Zusammenfassung: Dieser Bericht zeigt, dass ein standardisiertes Rekrutierungsmodul für Patientinnen (BCRM) möglich ist. Ein wesentlicher Teil der Patientinnen ist motiviert und fähig, ein solches Rekrutierungsmodul zu nutzen. Die Integration des BCRM in existierende klinische Informationssysteme ist möglich. Der klinische BCRM-Prototyp ist in der retrospektiven Analyse in der Lage, korrekte und verlässliche Ergebnisse in der Brustkrebs-Rekrutierung zu erzielen.