ergoscience 2009; 4(1): 40
DOI: 10.1055/s-0028-1109052
Veranstaltungsberichte

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Symposium zur erfolgreichen klientenzentrierten Praxis

B. Krieger1 , C. Mentrup1
  • 1Zürcher Hochschule für angewandte Forschung
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Publication Date:
27 January 2009 (online)

Den in der Ergotherapie so zentralen Begriff „Klientenzentriertheit” mit fundiertem und praxisnahem Inhalt zu füllen, war das übergeordnete Anliegen des ersten ET-Symposiums der Schweizer Fachhochhochschulen, das am 28. und 29.11.2008 in Winterthur stattfand. Organisiert von den beiden großen Schweizer Fachhochschulen ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Forschung) und HES-SO (Fachhochschule Westschweiz), nahmen an der Veranstaltung unter dem Titel „Erfolgreiche klient/innenzentrierte Praxis” mehr als 360 Ergotherapeuten und Studierende aus 5 Ländern teil.

Prof. Dr. Gary Kielhofner und die Psychologin Prof. Dr. Renée Taylor stellten aktuelle Forschungsresultate zur Klientenzentriertheit vor. Beide beschäftigen sich seit Jahren innerhalb des Model of Human Occupation (MOHO) und des Intentional Relationship Model (IRM) mit diesem Schwerpunkt in ihren Lehr- und Forschungsaktivitäten sowie der Umsetzung dieser Ergebnisse in die therapeutische Praxis.

Kritisch hinterfragt wurde, ob es genüge, die Bedürfnisse unserer Klienten auf Befähigung und Autonomie zu reduzieren. Was, wenn diese ihre Bedürfnisse nicht äußern können oder möchten? Betont wurde zudem der Unterschied zwischen Psycho- und Ergotherapie, wo zusätzlich zur Beziehung zwischen Therapeutin und Klient die Betätigung im Vordergrund steht. Diese Triade erfordere andere therapeutische Vorgehensweisen.

In den vergangenen 3 Jahren erforschte Renée Taylor in einem international angelegten Forschungsprojekt mit Teilnehmern aus 6 Ländern die Verhaltensweisen von Ergotherapeuten, die von Berufskollegen als hervorragend im Klientenkontakt bezeichnet wurden. Aus Beobachtungen und Gesprächen entwickelte sie das Modell der bewusst gestalteten Beziehung („The Intentional Relationship Model“, s. ergoscience 1 / 2008).

Taylor geht von der These aus, dass erfolgreiche Ergotherapeuten ihre Beziehungsgestaltung fortlaufend reflektieren und den kommunikativen Klienteneigenschaften und der Therapiesituation entsprechend anpassen. Das Modell identifiziert 6 Kommunikationsformen (modes) die diese Therapeuten abwechselnd einsetzen: Empathie, Kollaboration, Ermutigung, Problemlösung, Instruktion und die Funktion des Advokaten. In einem fortlaufenden Prozess des interpersonellen Reasoning können geschickte Therapeuten die verschiedenen modes situativ angemessen einsetzen und damit Zugang auch zu Klienten finden, die als Herausforderung gelten.

Gary Kielhofner betonte die Notwendigkeit der Volition eines Menschen und verknüpfte dies mit 4 aktuellen MOHO-Assessments: Model of Human Occupation Screening Tool (MOHOST), Short Child Occupational Profile (SCOPE), Volitional Questionnaire (VQ) und Pediatric Volitional Questionnaire (PVQ). Diese Befunderhebungsinstrumente ermöglichen unterschiedliche und kombinierte Formen der Datenerhebung inkl. Gespräche und Beobachtungen. Illustriert durch praktische Videobeispiele zeigte Kielhofner am Beispiel des Occupational Performance History Interview 2, wie ein narratives Interview Klienteneinsicht ermöglichen und somit den Veränderungsprozess unterstützen kann.

In Beantwortung der zentralen Frage, was eine gute, klientenzentrierte Ergotherapie ausmache, antworteten beide Referenten, dass die Therapeutin dabei ein ständiges interpersonelles Reasoning verfolge, die eigene Beziehungsgestaltung bewusst anpasse, ein tiefgreifendes Verständnis für die Möglichkeiten der Klienten mitbringe und Beziehungskrisen antizipiere.

Das Symposium ermöglichte eine Erweiterung ergotherapeutischer Kompetenzen und war sicherlich ein Meilenstein in der Intergration theoretisch und praktisch arbeitender Ergotherapeuten in der Schweiz.

Die Organisatorinnen mit Prof. Dr. Reneé Taylor (Mitte) und Prof. Dr. Gary Kielhofner.

Beate Krieger

MScOTZürcher Hochschule für angewandte Forschung

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