ergoscience 2009; 4(3): 89
DOI: 10.1055/s-0028-1109577
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

E. Kraus
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Publication Date:
15 July 2009 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

„Evidenzbasierung” ist ein Schlagwort unserer Zeit – als professionelle Ergotherapeuten werden wir zunehmend dazu angehalten, nachzuweisen, ob und inwieweit unser therapeutisches Handeln und unsere Therapieansätze effektiv sind. Unter diesem Fokus stand Ende Mai auch der Ergotherapie-Kongress des DVE in Köln mit seinem Motto „Ergotherapie zeigt Effekt”. In der Schweiz und in Österreich ist man schon weiter, die Ergo-Ausbildung erfolgt dort inzwischen ausschließlich auf Fachhochschulebene. In diesem Prozess waren und sind EBP, Forschung und wissenschaftliches Arbeiten zentrale Themen. Zum Beispiel gab es in der Fachzeitschrift des Ergotherapeutinnenverbandes Schweiz (Dezember 2007) einen thematischen Schwerpunkt „Auf der Suche nach Beweisen – evidence based practice”, und an der ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften), Departement Gesundheit, Studiengang Ergotherapie, wurde eine Abteilung „Forschung und Entwicklung” eingerichtet. Auch in Österreich gab es als Auftakt zu der jährlichen Generalversammlung einen Fortbildungstag, der ganz der evidenzbasierten Praxis gewidmet war.

Die Akademisierung der Ergotherapie liefert zu diesem evidenz-orientierten Prozess einen sehr wichtigen Beitrag, denn mit den Abschlussarbeiten der rund 200 Bachelor-Absolventinnen und Absolventen pro Jahr allein in Deutschland gibt es zahlreiche Pilotstudien, die nicht nur vertraute Aspekte des ergotherapeutischen Arbeit beleuchten, sondern auch neue Arbeitsfelder erkunden. Eine solche Bachelorarbeit hat Barbara Benz vorgelegt, die sich darin mit der Ergotherapie und dem Auftrag der forensischen Psychiatrie befasst (S. 107).

Aber es gehört mehr dazu als Forschung und Akademisierung, um nachzuweisen, ob bzw. dass Ergotherapie effektiv ist. So zeigt sich beispielsweise im internationalen Maßstab, dass Ergotherapeuten sich pro-aktiv an Fort- und Weiterbildungsprogrammen beteiligen, obgleich es hierbei viele Barrieren gibt, wie Susanne Pöltl in ihrer Masterarbeit zum Thema „Warum nehmen Ergotherapeuten an weiterführenden Aus- und Fortbildungsmaßnahmen teil?” aufzeigt (S. 90). Lebenslanges Lernen (Life-Long-Learning) ist ein auch von der EU gefördertes Programm, das der Professionalisierung ganzer Berufsgruppen dienen soll. In diesem Rahmen ist es möglich, sich auf praxisnaher Ebene mit den diagnostischen und therapeutischen Ansätzen auseinanderzusetzen, die ergotherapeutisches Handeln effektiver machen können.

Einerseits lassen sich Akademisierung und Professionalisierung nur unter bestimmten berufs- und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen vorantreiben. Andererseits geben diese Prozesse Anstöße, neue Rahmenbedingungen zu entwickeln. Kathrin Reichel hat sich in ihrer Masterarbeit mit dem Thema der ethischen Standards für ergotherapeutische Forschung in Deutschland auseinandergesetzt. In diesem zweiten Teil ihrer Arbeit gibt sie Empfehlungen für Anwendung und Umsetzung forschungsethischer Aspekte, die auf die Berufsethik Einfluss nehmen können (S. 98).

So begeben wir uns in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter voran auf unserer Reise der Professionalisierung, setzen uns mit immer neuen Herausforderungen auseinander, ob durch Forschung, und damit den Grundlagen evidenzbasierter Praxis, durch internationalen Vergleich sowie allgemein durch neue Erkenntnisse (auch) durch Fort- und Weiterbildung, um in unserem therapeutischen Handeln nicht nur zunehmend effektiv zu werden, sondern dies auch nachweisen zu können. Ich hoffe, dass Sie diese Ausgabe der ergoscience als einen kleinen Teil dieser Reise wahrnehmen können.

Für das Herausgeberteam

Elke Kraus

Prof. Elke Kraus

Alice Salomon Hochschule

Alice-Salomon-Platz 5

12627 Berlin

Email: kraus@ash-berlin.eu