Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69(4): 297-302
DOI: 10.1055/s-0029-1185551
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Samenspender in Deutschland – liberaler als die Vorgaben des Berufsrechts?

Semen Donors in Germany – More Liberal than the Professional Guidelines Specify?P. Thorn1 , T. Katzorke2 , K. Daniels3
  • 1Praxis für Paar- und Familientherapie, Mörfelden
  • 2Novum – Zentrum für Reproduktionsmedizin, Essen
  • 3University of Canterbury, Christchurch, Neuseeland
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Publication History

eingereicht 15.12.2008

akzeptiert 15.1.2009

Publication Date:
21 April 2009 (online)

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Zusammenfassung

Gemäß den Richtlinien der Bundesärztekammer soll die Spendersamenbehandlung bei lesbischen und alleinstehenden Frauen nicht zulässig sein. Unabhängig von der Zulässigkeit ist der Spender vor allem in diesen Familienkonstellationen nicht gänzlich gegen Unterhalts- und Erbschaftsansprüche gesichert. Diese Studie untersucht in Deutschland lebende Samenspender bezüglich ihrer Bereitschaft, für unterschiedliche Gruppen zu spenden, ihrer Haltung zu Anonymität und Identifizierbarkeit und ihres Wissens über juristische Implikationen. Dreizehn von 15 Samenbanken erklärten sich bereit, an der Studie teilzunehmen. An diese wurden 153 Fragebögen mit 22 überwiegend geschlossenen Fragen verschickt. 63 Fragebögen wurden zurückgesandt; die Rücklaufquote betrug 41 %. Über die Hälfte der Spender ist damit einverstanden, dass lesbische und alleinstehende Frauen ihren Samen erhalten. Ein Drittel befürwortet die Aufklärung der Kinder, gestattet dem Arzt, dass er Informationen über sie an das Kind weitergibt und befürwortet eine Kontaktaufnahme durch volljährige Kinder. 60 % der Spender vermuten, dass sie von juristischen Pflichten dem Kind gegenüber freigestellt sind. In dieser Studie ist ein großer Anteil von Männern bereit, ihren Samen lesbischen und alleinstehenden Frauen zu spenden. Offensichtlich haben Samenspender eine liberale Haltung, die sich nicht mit berufsrechtlichen Vorgaben deckt. Allerdings geht die Mehrzahl der Spender davon aus, von Vaterschaftspflichten freigestellt zu sein. Es ist unklar, ob die liberale Haltung auf einer fälschlichen juristischen Annahme beruht oder ob die Spendenbereitschaft trotz eines Risikos besteht. Deutlich wird, dass die juristische Beratung der Spender verbessert werden muss. Auch legt die Studie nahe, berufsrechtliche und juristische Vorgaben kritisch zu hinterfragen, zumal erste Untersuchungen von Kindern in Familien mit lesbischen und alleinstehenden Müttern keinen Anlass zur Besorgnis geben.

Abstract

In Germany, the Federal Medical Chamber advises against using donor insemination for lesbian and single women. Irrespective of the question of legitimacy, donors providing semen to these groups are not completely protected from legal paternity responsibilities. This study explores donors’ attitudes with regard to their willingness to donate for various groups, their attitudes towards information sharing and their knowledge of the legal implications. Thirteen of 15 semen banks were prepared to participate in this study. They were sent 153 questionnaires with 22 mainly closed questions. 63 (41 %) of the questionnaires were returned. Over half of the respondents agreed to donate for lesbian and single women. One third recommended parental disclosure, agreed for the doctor to provide information to offspring and were willing to be contacted by adult offspring. 60 % of the respondents assumed that they had no legal responsibilities towards their offspring. In this study, a large proportion of respondents are willing to donate for lesbian and single women. Apparently, semen donors’ attitudes are more liberal than specified by professional guidelines. However, the majority of donors assumes that they have no any legal responsibility towards the offspring. It is unclear whether their liberal attitude is based on incorrect legal assumptions or whether they are willing to donate for these groups despite the legal risks. Results indicate that the legal information provided to donors should be improved. This study also suggests challenging current guidelines and legislation, especially as research shows that the development of children growing up with lesbian and single women does not give cause for concern.