Krankenhaushygiene up2date 2009; 4(2): 169-182
DOI: 10.1055/s-0029-1214595
Ökonomie und Recht

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Management des methicillinresistenten Staphylococcus aureus: Mythen, Fakten und Auswirkung auf die klinische Praxis

Christian  Weber
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Publication Date:
28 April 2009 (online)

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Kernaussagen

S. aureus ist ein ubiquitär vorkommender Keim aus der Familie der Micrococcaceae. Er ist bei ca. 30 % aller Menschen Bestandteil der Hautflora oder der Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums. Unabhängig von der Resistenzlage, also antibiotikasensible Stämme bis hin zu methicillinresistenten Stämmen (MRSA), hat der Keim in der Regel nur bei Vorliegen besonderer Bedingungen eine pathogene Bedeutung. Wenn diese Bedingungen vorliegen, kann er allerdings Haut- und Wundinfektionen sowie schwerwiegende Allgemeinkomplikationen verursachen.

Prävalenz von MRSA

Die Prävalenz von MRSA hat in fast allen Ländern in den letzten Jahren deutlich zugenommen. In den USA macht MRSA inzwischen weit über 50 % der Staphylococcus-aureus-Infektionen aus. In Europa besteht ein deutliches Süd-Nord-Gefälle. In den Mittelmeer-Anrainerstaaten, dem Vereinigten Königreich und Irland beträgt die Prävalenz zwischen 35 und nahezu 50 %; Deutschland belegt hier einen Mittelplatz mit ca. 19 %. Lediglich in den skandinavischen Ländern und den Niederlanden sind die MRSA-Prävalenzraten seit vielen Jahren sehr niedrig.

Ökonomische Bedeutung

Neben der medizinischen Bedeutung hat die MRSA-Problematik auch gewaltige Auswirkungen auf die Kosten des Gesundheitswesens in den betreffenden Ländern. Infektionen mit multiresistenten Keimen führen zu vermehrten Todesfällen und längeren Krankenhausaufenthalten. Die aufwendigere Therapie kann die direkten Behandlungskosten um 30 – 100 % ansteigen lassen.

Bestehende Evidenz für das MRSA-Management

Obwohl MRSA-Infektionen eine bedeutende medizinische und ökonomische Rolle im Gesundheitswesen spielen, ist die wissenschaftliche Evidenz, welchem MRSA-Management der Vorzug zu geben sei, erstaunlich unklar und dürftig. Entgegen einem weitverbreiteten Glauben ist eine strikte Patientenisolierung nicht nachweislich strukturierten Maßnahmen zur Verbesserung der Standardhygiene überlegen. Evidenz besteht lediglich dafür, dass ein aus unterschiedlichen Elementen kombiniertes, strukturiertes Vorgehen beim Auftreten von MRSA-Infektionen einem unstrukturierten Vorgehen überlegen ist. Lediglich schwache Evidenz besteht dafür, dass eine Kommunikation über die in einem Krankenhaus erhobenen Daten zur internen MRSA-Lage das Verhalten des Personals positiv beeinflussen kann. Im Vordergrund stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Standardhygiene insbesondere konsequente Händedesinfektion, um Erregerübertragungen zu verhindern und dadurch die nosokomiale MRSA-Rate zu senken. Reinigung und ggf. Desinfektion der Flächen in Patientenzimmern sind für die Sauberkeit im Krankenhaus wichtig, haben aber im Vergleich zur Händehygiene wesentlich geringere Bedeutung für die Prävention von krankenhauserworbenen Infektionen.

Entwicklung einer krankenhausinternen MRSA-Strategie

Vor dem Hintergrund der zum Teil widersprüchlichen Evidenz zu einzelnen Maßnahmen ist die Befolgung von Richt- oder Leitlinien zum Umgang mit MRSA-Patienten (wie zum Beispiel der Richtlinie der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [KRINKO] beim Robert Koch-Institut) nur eine mögliche, aber nicht zwingende Option.

In jedem Falle sollte aber ein Krankenhaus eine interne Richtlinie für den Umgang mit MRSA-Infektionen entwickeln, die den Grundsätzen eines effektiven Entscheidungsprozesses folgt und die besonderen Bedürfnisse des Krankenhauses und seiner Mitarbeiter und Patienten reflektiert. Eine solche individuelle, krankenhausinterne Strategie, die von allen Mitarbeitern verstanden und dann auch konsequent umgesetzt wird, ist am effizientesten mit einem mehrstufigen Prozess zu erreichen.