Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - FV_7
DOI: 10.1055/s-0029-1221803

Einzelnukleotid-Polymorphismen im Nor-1-Gen (NR4A3) beeinflussen die Insulinfreisetzung in deutschen und finnischen Nicht-Diabetikern

H Staiger 1, P Weyrich 1, A Stancakova 2, F Machicao 1, M Laakso 2, A Fritsche 1, HU Häring 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin IV, Tübingen, Germany
  • 2Universitätsklinik Kuopio, Medizinische Abteilung, Kuopio, Finland

Fragestellung: Nor-1 (neuron-derived orphan receptor 1) bildet zusammen mit Nur-77 (nuclear receptor-related protein 77) und Nurr-1 die NR4A-Familie Liganden-unabhängiger Kernrezeptoren. Nor-1 moduliert die hepatische Glukoseproduktion, die Insulinsensitivität von Fettzellen und den oxidativen Stoffwechsel des Skelettmuskels. In dieser Studie wurde untersucht, ob häufige Einzelnukleotid-Polymorphismen (single nucleotide polymorphisms, SNPs) im NR4A3-Genlokus, welcher Nor-1 kodiert, zur Entstehung prädiabetischer Phänotypen, wie Glukoseintoleranz, Insulinresistenz oder β-Zelldysfunktion, beitragen.

Methodik: 1495 nicht-diabetische Teilnehmer der Tübinger Familienstudie für Typ 2 Diabetes (TÜF) wurden für die fünf repräsentativen SNPs rs7047636, rs1526267, rs2416879, rs12686676 und rs10819699 (Frequenz der seltenen Allele: ≥5%), welche 100% der genetischen Variabilität des NR4A3-Lokus (D'=1,0, r2≥0,9) abdecken, genotypisiert und auf Assoziation mit metabolischen Daten, die im Nüchternzustand, im Zuge eines oralen Glukosetoleranztests (OGTT) und eines hyperinsulinämisch-euglykämischen Clamp-Verfahrens (Clamp-Untergruppe: N=506) gewonnen wurden, hin untersucht. Als Replikationskohorte für Positivbefunde dienten 5265 nicht-diabetische Teilnehmer der finnischen METSIM (Metabolic Syndrome In Men) Studie.

Ergebnisse: Alle SNPs befanden sich im Hardy-Weinberg-Äquilibrium (p≥0,7). Das seltene G-Allel von SNP rs7047636 war mit erhöhten 2-Std.-Glukosespiegeln im OGTT (p=0,03, adjustiert für Geschlecht, Alter und BMI) und das seltene A-Allel von SNP rs1526267 mit höherem BMI (p=0,02, adjustiert für Geschlecht und Alter) und reduzierter Insulinsensitivität im Clamp (p=0,03, adjustiert für Geschlecht, Alter und BMI) assoziiert. Am überzeugendsten jedoch war, dass die seltenen Allele der drei SNPs rs1526267, rs12686676 und rs10819699 konsistent mit erhöhter Insulinfreisetzung im OGTT (30-Min.-Insulinspiegel, AUCInsulin30/AUCGlukose30 und AUCC-Peptid/AUCGlukose) assoziiert waren, im Fall von rs12686676 signifikant (p<0,03 für alle drei Indizes, adjustiert für Geschlecht, Alter, BMI und Insulinsensitivität). Die Insulin-basierten Sekretionsindizes waren auch in der METSIM-Kohorte signifikant mit dem rs12686676-Genotyp assoziiert (p<0,04, adjustiert für Alter, BMI und Insulinsensitivität).

Schlussfolgerungen: Häufige Polymorphismen im NR4A3-Genlokus beeinflussen die Insulinfreisetzung. Somit stellt NR4A3 ein neues Kandidatengen für die β-Zelldysfunktion dar, welches nicht auf den SNP-Arrays der jüngsten genomweiten Assoziationsstudien für Typ 2 Diabetes abgebildet war.