Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_76
DOI: 10.1055/s-0029-1221882

Effekte von intanasal appliziertem Insulin auf den cerebralen Blutfluss

Y Grichisch 1, M Heni 1, M Hallschmid 2, H Preissl 3, HU Häring 1, R Veit 3, A Fritsche 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Abteilung für Endokrinologie, Diabetologie, Nephrologie, Angiologie und Klinische Chemie, Tübingen, Germany
  • 2Institut für Neuroendokrinologie, Lübeck, Germany
  • 3Institut für Medizinische Psychologie, Tübingen, Germany

Fragestellung: Beim Menschen wird eine reduzierte Insulin-Signalübertragung im Zentralnervensystem als pathogenetischer Faktor für Diabetes mellitus und Adipositas diskutiert. Während eines euglykämischen hyperinsulinämischen Clamps führte die systemische Hyperinsulinämie sehr schnell zu Änderungen der neuronalen Aktivität. In einer Vorläuferstudie wurde gezeigt, dass Insulin die BOLD (blood oxygen level dependent) Antwort im fMRI (funktionelle Magnetresonanztomografie) reduziert, möglicherweise durch eine Verminderung des cerebralen Blutflusses.

Um direkte Effekte von Insulin auf das Gehirn zu untersuchen, kann Insulin intranasal appliziert werden. Wir untersuchten Effekte von Insulin im Vergleich zu Koffein als Positivkontrolle. Diese vasoaktive Substanz reduziert den basalen cerebralen Blutfluss (CBF).

Methodik: Acht normalgewichtige Freiwillige nahmen an dieser Studie teil. An zwei Tagen erhielten sie jeweils entweder intranasal Insulin verabreicht oder nahmen oral Koffeintabletten ein. Jeder Untersuchungstag begann mit einer Kontrollmessung. Danach erfolgte die Gabe von Insulin bzw. Koffein, und die Probanden wurden wieder im Kernspintomographen positioniert, wo ihnen ein flackerndes Schachbrettmuster in einem Block-Design präsentiert wurde. Die Messungen bestanden aus 6 Stimulationen und 7 Ruhephasen, jeder Block dauerte 30 Sekunden. Als zweite Aufgabe präsentierten wir Essensbilder.

Die Untersuchungen wurden an einem Siemens 3T Scanner mittels der FAIR QUIPSSII PASL-Sequenz durchgeführt. Der visuelle Cortex und die Insula wurden zusätzlich als regions-of-intrest (ROI) definiert. Der mittlere CBF der grauen Substanz aller Voxel in beiden ROI wurde für Ruhe- und Stimulationsphasen jeder Messung getrennt errechnet. Zusätzlich wurden die CBF-Werte Voxel für Voxel paarweise für dieselben Bedingungen und Aufgaben verglichen.

Ergebnisse: Der Vergleich wiederholter Messungen mittels ANOVA zeigte keinen signifikanten Unterschiede im CBF vor (85,85ml/100g/min) und nach Insulingabe (82,31ml/100g/min) (p=0,505). Im Gegensatz dazu führte Koffein zu einer signifikanten Reduktion des CBF (p=0,001) mit einer durchschnittlichen Rückgang um 21,7%. Auch in den ROIs (visueller Cortex und Insula) zeigte sich kein Insulineffekt.

Schlussfolgerung: Diese Untersuchung ist die erste Studie mit arterieller Spin-labelling Technik, die zeigt, dass intranasal appliziertes Insulin keinen direkten Effekt auf den CBF hat. Der fehlende Einfluss von Insulin auf den vaskulären Tonus im Gehirn steht im Gegensatz zu bekannten Effekten von Insulin auf den peripheren Blutdruck. Somit ist die nachgewiesene Wirkung von Insulin auf das zentrale Nervensystem nicht durch Änderung des Blutflusses, sondern durch direkte neuronale Wirkung verusacht.