Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_156
DOI: 10.1055/s-0029-1221960

Kalziphylaxie – eine seltene Komplikation bei Diabetes mellitus und chronischer Niereninsuffizienz mit hoher Mortalität

I Kläne-Menke 1, F Thienel 1, S Matthaei 1
  • 1Diabetes-Zentrum Quakenbrück, Quakenbrück, Germany

Hintergrund: Die Klärung der Genese von dissiminierten Hautulcerationen bei Diabetes mellitus und chronischer Niereninsuffizienz ist eine interdisziplinäre Herrausforderung und bedarf eines multimodalen Vorgehens.

Kasuistik: Bei dem 66-jährigen Patienten wurde 1967 ein Typ 2 Diabetes diagnostiziert. Seit 2005 besteht eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz mit sekundärem Hyperparathyreoidismus und renaler Anämie, eine Dialysebehandlung wurde eingeleitet. 01/08 erfolgte bei Aortenklappenstenose Grad III ein Aortenklappenersatz (St. Jude Medical Aortic Regent), ein aortocoronarer Bypass, eine DDDR-Pacer Implantation bei AV-Block III° sowie die Einleitung einer Marcumartherapie. Innerhalb weniger Wochen entwickelten sich schmerzhafte Ulcerationen der Haut, zunächst mit einer Livedo-racemosa-ähnlichen Zeichnung der Haut. Es kam zu einer dramatischen Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Entwicklung von Penis- und Unterschenkelnekrosen, massivem Pruritus und Superinfektion der Hautnekrosen.

Methodik und Ergebnisse: Untersucht wurden folgende Laborparameter. Im Normbereich lagen: ANCA, ANA und C3/C4, TPHA und IgM-FTA-Abs Test, Protein C/S, TPZ, HIV. Pathologische Werte: Leukozytose, Anämie, Eosinophilie, Fibrinogen, D-Dimer, Kreatinin 5,7mg/dl, Calcium 5,2 mval/l und PO4 5,1mg/dl. Die Gefäßsituation wurde mittels CO2 Angiografie/DSA dargestellt und ergab eine langstreckige 45/50% Stenose der A. fem re sowie, eine 90% Stenose prox. A. fib. re. Histobioptische Untersuchung der Nekroseareale: Hautgewebe mit einem floriden, oberflächlichen Ulcus mit einer unspezifischen Entzündungsreaktion mit Zelldetritus. In den tieferen Schnittpräparaten fand man in der Subkutis auch teilweise obliterierende Arterien mit intraluminär grobscholligen Verkalkungen. Kein Hinweis auf Mediaverkalkung, keine signifikannte Intimafibrose der kleinen und mittleren Arterien. Keine spezifischen entzündlichen Veränderungen.

Zusammenfassung: Es handelt sich am ehesten um eine urämisch kalcifizierende Arteriolopathie (Kalzipyhlaxie). Neben Intensivierung der Hämodialysebehandlung, systemischer Behandlung mit Phosphatbindern und Absetzten des Marcumars unter Einsatz von Heparin erfolgte eine Nekrosektomie bei bakterieller Superinfektion. Der Patient verstarb im Verlauf an therapieresistenten Komplikationen einer Pneumonie.

Schlussfolgerung: Hautnekrosen sind häufig die dermatologische Manifestation eines komplexen interistischen Krankheitsbildes. Differenzialdiagnostisch kommen Erkrankungen infrage, die aus unterschiedlichen Gründen zu einer Durchblutungsstörung führen können. Aufgrund der ernsten Prognose und der hohen Mortalität (˜80%), ist die frühe Diagnosestellung und Therapie einer Kalziphylaxie von essentieller Bedeutung.