Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_162
DOI: 10.1055/s-0029-1221966

Charakterisierung der für diabetische Mikroangiopathie besonders prädisponierten bzw. nichtprädisponierten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1

A Mandecka 1, C Müller 1, N Müller 1, C Kloos 1, W Hunger-Battefeld 1, G Wolf 1, UA Müller 1
  • 1Univeristätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Jena, Germany

Frage: Wie unterscheiden sich klinisch Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 mit kurzer Diabetesdauer und Entwicklung von Folgeerkrankungen im Sinne einer diabetischen Retinopathie (DR) und Nephropathie (Fast-Progressor) von den Patienten mit langer Diabetesdauer ohne Folgeerkrankungen (non-Progressor).

Methode: Retinopathie- und Nephropathiestatus sowie Stoffwechselparameter von 395 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und dokumentiertem Fundusbefund wurden untersucht (mittleres Alter=47,2±15, Diabetesdauer 20,9±12, HbA1c 7,9±1). Die Daten wurden aus der elektronischen Patientenakte EMIL® gewonnen. Die diabetische Retinopathie wurde in 3 Kategorien klassifiziert: keine DR, präproliferative (NPDR) und proliferative (PDR). Diabetische Nephropathie wurde definiert als eine persistierenede Mikro/Makroalbuminurie (Konzentrationbestimmung von Albumin im Spontanurin; Mikro/Makroalbuminurie 20–200mg/l bzw. über 200mg/l) in mindestens 2 Proben von 3 in Abständen von 3 Monaten.

Ergebnisse: In der Gesamtgruppe hatten 59% keine DR, 30,1% eine NPDR, 10,9% eine PDR. Eine Nephropathie persistierende Mikroalbuminurie hatten 79,5%. In der Gruppe mit kurzer Diabetesdauer (<10 Jahre; n=12) hatten 6,2% der Patienten eine Retinopathie und 8,2% hatten eine persistierende Mikroalbuminurie (fast-Progressor). In der Gruppe mit langer Diabetesdauer (>20 Jahre, n=54) hatten 24,6% der Patienten keine DR und keine Mikroalbuminurie (non-Progressor). Patienten mit DD <10J mit Folgeerkrankungen hatten nach der Adjustierung an Alter einen höheren mittleren HbA1c-Wert (8,5 vs. 7,2%), höheres Serumcholesterin (6,7 vs. 5,1mmol/l), höheres LDL (4,1 vs. 3mmol/l) und höhere Triglyzeride (3,6 vs. 1,1mmol/l) im Vergleich zu non-Progressors. Fast Progressors hatten höhere diastolische Blutdruckwerte während des Follow-up (82 vs. 76mmHg) im Vergleich zu den Slow-Progressors, obwohl der Unterschied nach der Altersadjustierung nicht signifikant war (p<0,097). Fast-Progressors hatten höhere mittlere Albumin/Kreatinin Ratio im Vergleich zu den Slow-Progressors (123,5 vs. 9,2, p<0,001).

Schlussfolgerung: Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus, welche nach langer Diabetesdauer keine Folgeerkrankungen entwickeln, haben ein besseres Lipidprofil und glykämischen Status im Vergleich zu den Fast-Progressors. Patienten, welche bereits nach kurzer Diabetesdauer Folgeerkrankungen entwickeln, sind für die diabetische Nephropathie und damit verbundenen höheren Blutdruckwerten besonders prädisponiert. Zusätzlich zu klinischen Variablen können Unterschiede im Sozialstatus und genetische Faktoren für ein erhöhtes Risiko von bzw. einen erhöhten Schutz vor diabetischen Nephropathie verantwortlich sein.