Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_197
DOI: 10.1055/s-0029-1222001

Einblicke in die Polymorphie von Glucokinase-Genmutationen anhand zweier neuartiger diabetischer Mausmodelle

L van Bürck 1, A Blutke 1, S Kautz 1, B Rathkolb 2, E Kemter 2, S Wagner 3, T Fuchs 3, M Klaften 3, M Hrabe de Angelis 3, E Wolf 2, B Aigner 2, R Wanke 1, N Herbach 1
  • 1Institut für Tierpathologie, München, Germany
  • 2Institut für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie, München, Germany
  • 3Institut für Experimentelle Genetik, Helmholtz Zentrum, Neuherberg, Germany

Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, zwei Mauslinien aus dem Münchener ENU-Mausmutageneseprojekt hinsichtlich der zugrunde liegenden Mutation und des daraus resultierenden diabetischen Phänotyps zu untersuchen.

Methodik: Die molekulargenetische, klinische und pathomorphologische Charakterisierung erfolgte an heterozygoten und homozygoten Munich Gck M210R und Gck D217V Mutanten und Wildtyp-Wurfgeschwistern auf dem genetischen Hintergrund des Inzuchtstammes C3H.

Ergebnisse: Bei beiden untersuchten Mauslinien wurde eine definierte Punktmutation an unterschiedlichen Positionen im Exon 6 des Glucokinase (Gck) Gens identifiziert, die zu einem Aminosäurenaustausch von Met zu Arg an Position 210 beziehungsweise Asp zu Val an Position 217 führen. Die Mutation resultiert bei Munich Gck M210R Mutanten in einer reduzierten Gck-mRNA Expression und einer verminderten Glucokinase-Enzymaktivität vs. Wildtyptieren. Die Gck-Proteinmenge war bei Mutanten dieser Mauslinie in Leber und Langerhans'schen Inseln nicht reduziert.

Heterozygote Mutanten beider Mauslinien zeigten einen milden, dem MODY 2 des Menschen ähnlichen diabetischen Phänotyp, charakterisiert durch erhöhte Nüchternblutglukose, gestörte Glukosetoleranz und signifikant reduzierte Glukose-induzierte Insulinsekretion (p<0,05). Homozygote Mutanten entwickelten einen schweren Diabetes mellitus. Während homozygote Munich Gck M210R Mutanten innerhalb der ersten 6 Tage post partum aufgrund hochgradiger Hyperglykämie verstarben, war die Lebenserwartung homozygoter Munich Gck D217V Mutanten trotz drastisch erhöhter Blutglukosekonzentrationen im Vergleich zu Wildtypen nicht eingeschränkt. Qualitativ-histologisch erschien das endokrine Pankreas bei Mutanten beider Mauslinien unverändert. Quantitativ stereologische Untersuchungen ergaben sowohl bei homozygoten als auch bei heterozygoten männlichen Munich Gck M210R Mutanten ein unverändertes Gesamtbetazellvolumen in einem Alter von 1 Tag, in einem Alter von 7 Monaten jedoch war das Gesamtbetazellvolumen männlicher heterozygoter Mutanten im Vergleich zu Wildtyptieren um 30% reduziert. In der Humanmedizin sind zwei M210 Mutationen in Assoziation mit MODY 2/PNDM bekannt, wohingegen die Mutation D217V bisher weder bei MODY 2/PNDM Patienten noch bei einem Tiermodell beschrieben wurde.

Schlussfolgerungen: In Anbetracht der geschätzten Dunkelziffer nicht diagnostizierter MODY 2-Patienten stellen diese beiden umfassend charakterisierten Mauslinien wertvolle Modelle zur funktionalen Untersuchung von Glucokinase-Genmutationen, für Langzeitstudien humanmedizinisch relevanter Aspekte von MODY 2/PNDM sowie zur Entwicklung von Strategien zur Früherkennung und möglicher neuer Therapieformen dar.

Diese Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt (GRK 1029)