Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4 - P_255
DOI: 10.1055/s-0029-1222059

Psychologische und verhaltensbezogene Prädiktoren einer erfolgreichen Gewichtsreduktion in der Prävention des Typ 2 Diabetes

D Gorges 1, B Kulzer 1, N Hermanns 1, P Schwarz 2, T Haak 1
  • 1Diabetes Zentrum Mergentheim, Forschungsinstitut der Diabetes Akademie (FIDAM), Bad Mergentheim, Germany
  • 2Technische Universität Dresden, Medizinische Klinik III, Dresden, Germany

Fragestellung: Zur primären Prävention des Typ 2 Diabetes hat sich eine erfolgreiche Gewichtsreduktion als entscheidende Wirkvariable erwiesen. In einer prospektiven Studie wurde analysiert, welche psychologischen und verhaltensbezogenen Prädiktoren mit einer Gewichtsabnahme im Rahmen eines Präventionsprogramms (PRAEDIAS) assoziiert sind.

Methodik: Bei den 166 Teilnehmern an PRAEDIAS (56,2±10 Jahre; 42% weiblich; BMI 31,5±5,2kg/m2; Nüchternglukose 105,5±12,6mg/dl) wurden zur Baseline und im 1-Jahres-Follow-up soziodemographische (Alter, Geschlecht, Familienstand, Bildung, Einkommen), psychologische (Zielanpassung des Gewichts, Depression, Angst, Wohlbefinden, Zufriedenheit) und verhaltensbezogene (Gewichtscycling, körperliche Aktivität, Kontrolle/Störbarkeit/Hungerabhängigkeit des Essverhaltens) Parameter erhoben. Die zentrale abhängige Variable war der Gewichtsverlauf. Zunächst wurde univariat überprüft welche Parameter mit einer Gewichtsabnahme korrelieren (Pearson-Koeffizienten). Multivariate Vorhersagen wurden mittels schrittweiser multipler linearer Regression vorgenommen.

Ergebnisse: Zur Baseline hing häufiges Gewichtscycling signifikant mit einer geringen Gewichtsabnahme zusammen (r=-0,17, p=0,042). Das Ausmaß der Gewichtsreduktion war nicht mit soziodemographischen Parametern assoziiert. Als substantielle Prozessvariablen für den Erfolg der Lebensstilmodifikation konnten eine hohe initiale Gewichtsabnahme (r=0,61, p<0,0001), flexible Zielanpassung des Gewichts (r=0,420, p<0,0001), Aufbau sportlicher Aktivität (r=0,20, p=0,020), verringerte Ängstlichkeit (r=0,19, p=0,021), Zufriedenheit mit dem Programm (r=0,22, p=0,015) und mit persönlichen lebensstilbezogenen Erfolgen (r=0,41, p<0,0001) sowie ein stärker kontrolliertes Essverhalten (r=0,37, p<0,0001) identifiziert werden. Multivariate Regressionsanalysen, bei gegenseitiger Kontrolle dieser Einflusskriterien, bestätigten den initialen Gewichtsabnahmeerfolg (Beta=0,414, p<0,0001), flexible Zielanpassung (Beta=0,263, p<0,0001) und ein kontrolliertes Essverhalten (Beta=-0,169 p=0,049) als Prädiktorvariablen. Zusätzlich prädizierten niedrige Depressionswerte vor Programmbeginn (Beta=-0,21, p=0,047) und ein hohes Wohlbefinden zum Follow-up (Beta=0,277, p=0,013) eine hohe Gewichtsreduktion. Das Regressionsmodell klärt 52% der Varianz auf.

Schlussfolgerung: Hohe Depressionswerte und Gewichtscycling vor Programmbeginn sind unabhängig von soziodemographischen Faktoren als Barrieren einer Lebensstilmodifikation bei Risikopersonen für Typ 2 Diabetes zu berücksichtigen. Zum langfristig erfolgreichen Gewichtsmanagement sollten eine hohe initiale Gewichtsabnahme, flexible Zielanpassungsstrategien, Erfolgszufriedenheit, sportliche Aktivität und ein kontrolliertes Essverhalten forciert werden. Präventionsprogramme, die zusätzlich von den Teilnehmern als positiv bewertet werden und das psychische Befinden fördern (Reduktion von Depression und Angst), haben gute Aussicht auf Erfolg.