Zentralbl Chir 2010; 135(2): 124-128
DOI: 10.1055/s-0030-1247328
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Patienten mit multiresistenten Erregern: Wirksamkeit und Risiko von Isolierungsmaßnahmen bei „MRSA & Co.“

Effectiveness and Risks of Isolation Precautions in Patients with MRSA and Other Multidrug-Resistant BacteriaM. Dettenkofer1 , S. Utzolino2 , D. Luft1 , S. Lemmen3
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Freiburg, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Freiburg, Chirurgische Klinik, Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie, Freiburg, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Aachen, Zentralbereich Krankenhaushygiene und Infektiologie, Aachen, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. April 2010 (online)

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Zusammenfassung

Auch resistente Krankheitserreger (MRSA, VRE und ESBL-Bildner) werden überwiegend durch mangelnde Händehygiene des medizinischen Personals übertragen. Bei der Prävention wird die räumliche Isolierung von Patienten mit multi­resistenten Erregern (Einzelzimmer) oft überbewertet. Wenn im medizinischen Alltag die Hände vor und nach Patientenkontakt nicht desinfiziert werden und Handschuhe nicht abgelegt werden, ist sie nicht wirksam und die häufige Personalknappheit verschärft das Problem erheblich. Insgesamt ist die wissenschaftliche Evidenz für die präventive Wirksamkeit einer strikten Isolierung nicht einheitlich, wenn auch die Datenlage tendenziell unterstützend ist. Risiken müssen allerdings beachtet werden, z. B. eine gefährliche psychische Isolation von betroffenen Patienten (die ja zum Schutz anderer isoliert werden) und natürlich auch Bettensperrungen mit ökonomischen Verlusten. Moderne, an wissenschaftlichen Kriterien orientierte Hygienestandards und praktische krankenhaushygienische Empfehlungen in den konkreten Fällen berücksichtigen die komplexe Sachlage. Bei MRSA- und VRE-positiven Patienten wird in der Regel eine Einzelzimmerisolierung durchgeführt. Sollte dies in Einzelfällen, besonders auf Intensivstationen, nicht möglich sein, ist alternativ eine sogenannte Bettplatzisolierung möglich. Wichtigstes Ziel ist es, zusammen mit ­allen beteiligten Berufsgruppen eine sehr gute Standardhygiene (Händedesinfektion!) in allen Bereichen sicherzustellen, und die besonderen Maßnahmen einschließlich Isolierung auf ein notwendiges und sinnvolles Maß einzugrenzen. 

Abstract

The transmission of multidrug-resistant organ­isms (MRSA, VRE and ESBL producing bacteria) occurs predominantly if health-care workers are not compliant with hand hygiene procedures. The impact of single-room isolation in transmis­sion prevention is often overestimated. As long as hand disinfection is not performed before and after patient contact and gloves are not removed, a single room will not prevent transmission by ­itself. Understaffing is additionally worsening the situation. There is no consistent evidence sup­port­ing strict single-room isolation even though data show supportive tendencies. Social isolation is one of the risks that should be considered as well as the economic impact of using shared rooms as a single room. Up-to-date, evidence-based standard operating procedures and indi­vid­ual infection control recommendations should take these considerations into account. In general, contact precautions including isolation in a single room are performed in MRSA and VRE-positive patients. If a single room cannot be provided in a given case (a common problem in intensive care units), contact precautions can be performed in a shared room as an alternative. The problem of ­establishing an optimal compliance with standard precautions (especially hand hygiene) through­out all professional groups should be addressed. ­Additional precautions, including single-room isolation, should be implemented critically if indi­cated.