Aktuelle Dermatologie 2011; 37(5): 180-188
DOI: 10.1055/s-0030-1256363
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dresdner Dermatologische Demonstration 2011

Zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft am 12. März 2011Dresden Dermatology Demonstration 2011Meeting of the Saxonian Society of Dermatology, March 12, 2011Vorsitz: U. Wollina; Berichterstatter: G. Hansel, A. Koch, U. Wollina; Histopathologie: J. Schönlebe, G. Haroske; Klinische Fotodokumentation: R. Herz; Plenarvorträge: U. Paasch, Leipzig – Neuentwicklungen in der Lasertherapie, J.-U. Bleyl, Dresden – Grundlagen der Gerinnung/Gerinnungsdiagnostik, U. Wollina, Dresden – Melasma – verstehen und behandeln
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 April 2011 (online)

Interleukintherapie von In-transit-Metastasen des Melanoms

G. Hansel, F. Heubaum, J. Schönlebe

Anamnese: Im Juni 2009 wurde bei der 48-jährigen Patientin ein amelanotisches malignes Melanom plantar rechts mit einer Tumordicke von 4,67 mm, Clark IV und histologischem Nachweis einer Satellitenmetastase operativ entfernt. Es folgten Nachexzision und Sentinel-Lymphknotenexstirpation mit histologischer Sicherung einer Lymphknotenmikrometastase, die eine inguinale Lymphknotendissektion notwendig machte.

Nachfolgend wurde eine adjuvante Immuntherapie mit Interferon-α (Roferon A 3 × 3 Mio IE/Woche s. c.) eingeleitet. Ab März 2010 traten einzelne kleine In-transit-Metastasen auf, die operativ entfernt wurden. Aufgrund dieser rezidivierenden Metastasen und dem Auftreten ausgeprägter Interferon-Nebenwirkungen einschließlich einer interferonassoziierten Retinopathie wurde Roferon im Mai 2010 abgesetzt. Ende Juni 2010 wurde die Patientin mit zahlreichen neuen Hautmetastasen vorstellig.

Hautbefund: Entlang des rechten Beines fanden sich zahlreiche, überwiegend stecknadelkopfgroße bis maximal erbsengroße hautfarbene Metastasenknötchen, besonders dicht an der Oberschenkelinnenseite im mittleren Drittel und am Unterschenkel medial im mittleren Drittel. Am weitesten proximal lag eine Metastase unweit der Regio inguinalis. Lymphknoten waren nicht palpabel.

Histologie: Kleinknotige amelanotische epitheloid- und globoidzellig differenzierte Metastasen des bekannten Melanoms ([Abb. 1]).

Abb. 1 In-transit-Metastasen. a Übersicht (HE × 2), b Detail (HE × 10).

Histologische Kontrolle posttherapeutisch: intradermale Nekroseherde ([Abb. 2]).

Abb. 2 Histologische Kontrolle nach Interleukin-2-Behandlung ohne Tumornachweis. a HE-Färbung (× 10); b Immunhistologie (Pan-Melanoma-Cocktail × 10).

Laborbefunde: Einschließlich LDH und S100 sämtlich im Referenzbereich.

Bildgebende Diagnostik: PET-CT: Kein Nachweis eines Lokalrezidivs des malignen Melanoms, keine Lymphknoten- und Fernmetastasen.

Therapie und Verlauf: Es wurde eine intraläsionale Therapie mit Interleukin-2 über 3 Zyklen durchgeführt. Dabei wurden montags, mittwochs und freitags jeweils 6 Mio IE IL-2 intraläsional injiziert, gefolgt von 3 Wochen Pause. Es entwickelten sich ausgeprägte lokale Nebenwirkungen. Abgesehen von den Schmerzen während der Injektion, kam es vor allem am Anfang der Therapie zu fast urtikariellen Reaktionen um die Tumoren herum, zu einer erysipelartigen Schwellung sowie Rötung von Fuß und Unterschenkel. Die Schwellung persistierte ca. eine Woche, sodass differenzialdiagnostisch auch an eine Thrombose gedacht wurde. Sowohl Thrombose als auch Erysipel konnten laborchemisch ausgeschlossen werden. In der Folge wurden Ibuprofen 3 × 400 mg und Clexane 20 tgl. 1 FS als therapiebegleitende Medikation fest angesetzt, sodass die Intensität der Nebenerscheinungen im Verlaufe der Behandlung nachließ. Zunehmend beobachtete die Patientin eine Flush-Symptomatik von Gesicht und Dekolletee, Hitzewallungen, Schüttelfrost und Übelkeit. Ein Erschöpfungs-Syndrom setzte erst nach Beendigung der Therapie ein und persistierte auch nach AHB bis Ende Januar 2011.

Bereits Ende September 2010 konnte histologisch kein vitales Tumorgewebe mehr gefunden werden ([Abb. 2]). 6 Wochen später konnten wir eine oberflächliche Verschorfung und Eintrocknung der Metastasen beobachten.

Kommentar: Interleukin-2 (Aldesleukin; Proleukin®) ist ein Peptidhormon aus der Familie der Interleukine. Es wird auch als T-Zell-Wachstumsfaktor bezeichnet. Il-2 entfaltet eine antiproliferative, antiangiogenetische und immunmodulierende Wirkung.

In den USA besteht seit 1998 eine Zulassung für das metastasierte Melanom, hier stellt es die First-line-Therapie im Stadium IV dar. In einer deutschen Phase-II-Studie bei 51 Patienten im Stadium IV führte die intraläsionale Therapie immerhin bei 69 % zu einer Komplettremission [1].

Die Behandlung erfolgt individualisiert. In der Regel werden je nach Verträglichkeit 2 – 3 × pro Woche 3 – 18 Mio IE über 2 – 4 Wochen dosiseskalierend intra- oder periläsional appliziert [2]. Aufgrund früher beobachteter Therapieabbrüche infolge starker Lokalreaktionen sowie Fieber entschieden wir uns für eine Intervalltherapie, die die Patienten-Compliance stabilisierte und ebenfalls zur kompletten Remission führte.

Literatur

1 Weide B, Derhovanessian E, Pflugfelder A et al. High response rate after intratumoral treatment with interleukin-2: results from a phase 2 study in 51 patients with metastasized melanoma. Cancer 2010; 116: 4139 – 4146

2 Pföhler C, Steinhäuser S, Urgurel S et al. Komplette Remission kutaner Satelliten- und In-transit-Filiae. Hautarzt 2004; 55: 171 – 175

Prof. Dr. Uwe Wollina

Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum

Friedrichstraße 41
01067 Dresden

Email: wollina-uw@khdf.de

    >