Aktuelle Dermatologie 2011; 37(5): 180-188
DOI: 10.1055/s-0030-1256363
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dresdner Dermatologische Demonstration 2011

Zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft am 12. März 2011Dresden Dermatology Demonstration 2011Meeting of the Saxonian Society of Dermatology, March 12, 2011Vorsitz: U. Wollina; Berichterstatter: G. Hansel, A. Koch, U. Wollina; Histopathologie: J. Schönlebe, G. Haroske; Klinische Fotodokumentation: R. Herz; Plenarvorträge: U. Paasch, Leipzig – Neuentwicklungen in der Lasertherapie, J.-U. Bleyl, Dresden – Grundlagen der Gerinnung/Gerinnungsdiagnostik, U. Wollina, Dresden – Melasma – verstehen und behandeln
Weitere Informationen

Prof. Dr. Uwe Wollina

Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum

Friedrichstraße 41
01067 Dresden

eMail: wollina-uw@khdf.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. April 2011 (online)

Inhaltsübersicht #

Interleukintherapie von In-transit-Metastasen des Melanoms

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G. Hansel, F. Heubaum, J. Schönlebe

Anamnese: Im Juni 2009 wurde bei der 48-jährigen Patientin ein amelanotisches malignes Melanom plantar rechts mit einer Tumordicke von 4,67 mm, Clark IV und histologischem Nachweis einer Satellitenmetastase operativ entfernt. Es folgten Nachexzision und Sentinel-Lymphknotenexstirpation mit histologischer Sicherung einer Lymphknotenmikrometastase, die eine inguinale Lymphknotendissektion notwendig machte.

Nachfolgend wurde eine adjuvante Immuntherapie mit Interferon-α (Roferon A 3 × 3 Mio IE/Woche s. c.) eingeleitet. Ab März 2010 traten einzelne kleine In-transit-Metastasen auf, die operativ entfernt wurden. Aufgrund dieser rezidivierenden Metastasen und dem Auftreten ausgeprägter Interferon-Nebenwirkungen einschließlich einer interferonassoziierten Retinopathie wurde Roferon im Mai 2010 abgesetzt. Ende Juni 2010 wurde die Patientin mit zahlreichen neuen Hautmetastasen vorstellig.

Hautbefund: Entlang des rechten Beines fanden sich zahlreiche, überwiegend stecknadelkopfgroße bis maximal erbsengroße hautfarbene Metastasenknötchen, besonders dicht an der Oberschenkelinnenseite im mittleren Drittel und am Unterschenkel medial im mittleren Drittel. Am weitesten proximal lag eine Metastase unweit der Regio inguinalis. Lymphknoten waren nicht palpabel.

Histologie: Kleinknotige amelanotische epitheloid- und globoidzellig differenzierte Metastasen des bekannten Melanoms ([Abb. 1]).

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Abb. 1 In-transit-Metastasen. a Übersicht (HE × 2), b Detail (HE × 10).

Histologische Kontrolle posttherapeutisch: intradermale Nekroseherde ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Histologische Kontrolle nach Interleukin-2-Behandlung ohne Tumornachweis. a HE-Färbung (× 10); b Immunhistologie (Pan-Melanoma-Cocktail × 10).

Laborbefunde: Einschließlich LDH und S100 sämtlich im Referenzbereich.

Bildgebende Diagnostik: PET-CT: Kein Nachweis eines Lokalrezidivs des malignen Melanoms, keine Lymphknoten- und Fernmetastasen.

Therapie und Verlauf: Es wurde eine intraläsionale Therapie mit Interleukin-2 über 3 Zyklen durchgeführt. Dabei wurden montags, mittwochs und freitags jeweils 6 Mio IE IL-2 intraläsional injiziert, gefolgt von 3 Wochen Pause. Es entwickelten sich ausgeprägte lokale Nebenwirkungen. Abgesehen von den Schmerzen während der Injektion, kam es vor allem am Anfang der Therapie zu fast urtikariellen Reaktionen um die Tumoren herum, zu einer erysipelartigen Schwellung sowie Rötung von Fuß und Unterschenkel. Die Schwellung persistierte ca. eine Woche, sodass differenzialdiagnostisch auch an eine Thrombose gedacht wurde. Sowohl Thrombose als auch Erysipel konnten laborchemisch ausgeschlossen werden. In der Folge wurden Ibuprofen 3 × 400 mg und Clexane 20 tgl. 1 FS als therapiebegleitende Medikation fest angesetzt, sodass die Intensität der Nebenerscheinungen im Verlaufe der Behandlung nachließ. Zunehmend beobachtete die Patientin eine Flush-Symptomatik von Gesicht und Dekolletee, Hitzewallungen, Schüttelfrost und Übelkeit. Ein Erschöpfungs-Syndrom setzte erst nach Beendigung der Therapie ein und persistierte auch nach AHB bis Ende Januar 2011.

Bereits Ende September 2010 konnte histologisch kein vitales Tumorgewebe mehr gefunden werden ([Abb. 2]). 6 Wochen später konnten wir eine oberflächliche Verschorfung und Eintrocknung der Metastasen beobachten.

Kommentar: Interleukin-2 (Aldesleukin; Proleukin®) ist ein Peptidhormon aus der Familie der Interleukine. Es wird auch als T-Zell-Wachstumsfaktor bezeichnet. Il-2 entfaltet eine antiproliferative, antiangiogenetische und immunmodulierende Wirkung.

In den USA besteht seit 1998 eine Zulassung für das metastasierte Melanom, hier stellt es die First-line-Therapie im Stadium IV dar. In einer deutschen Phase-II-Studie bei 51 Patienten im Stadium IV führte die intraläsionale Therapie immerhin bei 69 % zu einer Komplettremission [1].

Die Behandlung erfolgt individualisiert. In der Regel werden je nach Verträglichkeit 2 – 3 × pro Woche 3 – 18 Mio IE über 2 – 4 Wochen dosiseskalierend intra- oder periläsional appliziert [2]. Aufgrund früher beobachteter Therapieabbrüche infolge starker Lokalreaktionen sowie Fieber entschieden wir uns für eine Intervalltherapie, die die Patienten-Compliance stabilisierte und ebenfalls zur kompletten Remission führte.

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Literatur

1 Weide B, Derhovanessian E, Pflugfelder A et al. High response rate after intratumoral treatment with interleukin-2: results from a phase 2 study in 51 patients with metastasized melanoma. Cancer 2010; 116: 4139 – 4146

2 Pföhler C, Steinhäuser S, Urgurel S et al. Komplette Remission kutaner Satelliten- und In-transit-Filiae. Hautarzt 2004; 55: 171 – 175

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Akrolentiginöses Melanom auf jahrelanger Lentigo maligna

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K. Dworzanski, B. Leibiger, J. Schönlebe, U. Wollina

Anamnese: Die 75-jährige Patientin berichtet, dass sie 1983 erstmals eine Gruppe von kleineren Pigmentmalen am Handballen entdeckt habe. Es ist die Exzision und Deckung mittels Spalthaut durchgeführt worden. Re-Exzisionen erfolgten 1993 und 2008. Vor zirka 5 Wochen hat die Patientin eine kleine, neu aufgetretene, exulzerierte Papel bemerkt und sich deshalb vorgestellt.

Hautbefund: Hautfarbener, derber Tumor mit keratotischer Oberfläche in unmittelbarer Nähe zum Transplantatrand am Handballen rechts ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Akrolentiginöses Melanom am Daumen.

Histologie: Invasives malignes, ulzeriertes Melanom vom Typ eines akral lentiginösen malignen Melanoms. Tumordicke 2,88 mm, Clark IV ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Akrolentiginöses Melanom, Histologie. a HE-Färbung × 10; b Immunhistologie (MART-1 × 10).

Laborbefunde: S100 und LDH im Normbereich.

Therapie und Verlauf: Während sowohl das erste Melanoma in situ 1987 als auch das erste Rezidiv 1993 nach mehrmaligen Exzisionen noch im Gesunden entfernt werden konnten, ließ sich 2008 eine Exzision in sano nicht mehr erzielen. Eine lokale Bestrahlung wurde deshalb erwogen, jedoch von Patientenseite nicht wahrgenommen.

Bei erneutem tumorösem Wachstum 2011 führten wir eine Exzision in Lokalanästhesie mit Verschiebelappenplastik durch. Da die Entfernung nicht im Gesunden erfolgte und erstmals ein malignes Melanom vorlag, entschlossen wir uns zur Nachexzision mit Vollhautdeckung und Entfernung des Sentinel-Lymphknotens. Eine R0-Resektion der begleitenden Lentigo maligna wäre dennoch ohne Gliedmaßenverlust nicht möglich gewesen, weshalb eine Radiatio zur Nachbehandlung geplant ist.

Kommentar: Bei Lentigo maligna ist häufig ein langsam fortschreitender chronischer Verlauf über Jahre bis Jahrzehnte zu beobachten [1]. Sollte eine operative Entfernung im Gesunden nicht möglich sein, ist die lokale Bestrahlung sinnvoll, da sie kurative Wirkung besitzt [2,3]. Wird sie nicht durchgeführt, kann sich auch nach Jahren noch ein Lentigo-maligna-Melanom entwickeln [4]. Eine Behandlungsalternative aus dem Off-label-Bereich stellt Imiquimod dar. Regelmäßige klinische und gegebenenfalls histologische Nachsorge ist dringend angeraten.

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Literatur

1 Bosbous MW, Dzwierzynski WW, Neugurg M. Lentigo maligna: diagnosis and treatment. Clinics Plast Surg 2010; 37: 35 – 46

2 Farshad A, Burg G, Panizzon R et al. A retrospective study of 150 patients with lentigo maligna and lentigo maligna melanoma and the efficacy of radiotherapy using Grenz or soft X-rays. Br J Dermatol 2002; 146: 1042 – 1046

3 Erickson C, Miller SJ. Treatment options in melanoma in situ: topical and radiation therapy, excision and Mohs surgery. Int J Dermatol 2010; 49: 482 – 491

4 Kelly JW. Following lentigo maligna may not prevent the development of life-threatening melanoma. Arch Dermatol 1992; 128: 657 – 660

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Imiquimod zur Therapie der Lentigo maligna

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A. Meseg, K. Hohaus, G. Hansel, U. Wollina

Anamnese: Seit einigen Jahren bemerkte die 84-jährige Patientin eine pigmentierte und größenprogrediente Makula der linken Wange. Eine ambulant durchgeführte Biopsie ergab ein In-situ-Melanom. Anamnestisch wurde bereits 1994 ein malignes Melanom mit einer Tumordicke von 0,68 mm, Clark-Level lV, am Unterarm rechts entfernt.

Hautbefund: Bei Aufnahme imponierte im Bereich der linken Wange mit Übergang auf den Nasenrücken sowie den Nasenflügel ein 5,5 × 1,7 cm großer, inhomogen pigmentierter, polyzyklisch begrenzter, flacher Tumor ([Abb. 5 a]).

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Abb. 5 Lentigo-maligna-Melanom auf Lentigo maligna. a Ausgangsbefund, b Operationssitus, c Verschluss mit Wangenrotationsplastik.

Histologie: Wange links: Flächenhaft ausgedehnte Lentigo maligna mit Übergang in ein frühinvasives Lentigo-maligna-Melanom (LMM; Clark level II, Tumordicke 0,16 mm), Exzision der In-situ-Melanom-Komponente nicht im Gesunden. Biopsie vom Nasenrücken: Lentigo maligna.

Laborbefunde: Pathologisch war eine erhöhte LDH (4,66 µkat/l). S100 lag im Normbereich.

Bildgebende Untersuchungen: Kein Nachweis von Filae.

Therapie und Verlauf: In 2-zeitigem Vorgehen wurde mittels mikrografisch kontrollierter Chirurgie zunächst der dunkel pigmentierte Anteil des Tumors im Bereich der Wange exzidiert. Aus einem heller pigmentierten Areal am Nasenrücken erfolgte eine Biopsie. Der Defekt an der Wange wurde mit einer Wangenrotationslappenplastik verschlossen ([Abb. 5 b, c]).

Für die verbleibende histologisch als Lentigo maligna beschriebene Pigmentierung am Nasenrücken empfahlen wir eine Lokaltherapie mit Imiquimod (Aldara®). Diese wurde ambulant 1 × täglich über einen Zeitraum von 4 Wochen durchgeführt. Die Patientin war in regelmäßiger ambulanter Verlaufskontrolle. Als Nebenwirkung zeigten sich unter der Aldara-Anwendung eine lokale Rötung und ein brennender Schmerz. Das pigmentierte Areal bildete sich nach Abklingen der Entzündung vollständig zurück.

Kommentar: Die Therapie der Wahl bei der Behandlung der Lentigo maligna und des LMM besteht in der histografisch kontrollierten Exzision. Aufgrund des Alters und der Lokalisation im Gesichtsbereich ist dieses Vorgehen gelegentlich nicht möglich. Alternativ kann daher in Einzelfällen sowohl für die Lentigo maligna als auch für das LMM die Strahlentherapie durchgeführt werden.

Eine weitere nichtinvasive Therapieoption zur Behandlung der Lentigo maligna bietet topisches Imiquimod (Aldara®). Studien belegen die Wirksamkeit von Imiquimod im Rahmen der Behandlung von In-situ-Melanomen bei einer täglichen Anwendung über mehrere Wochen [1 – 3]. Als unerwünschte Nebenwirkung treten unter der Therapie häufig örtliche Hautreizungen, wie z. B. Erytheme, Erosionen und Ödeme auf. Die Behandlung mit Imiquimod kann fortgesetzt werden, sobald die Hautreaktionen abgeklungen sind. Zur Kontrolle des Therapieerfolges sind Verlaufsbiopsien unverzichtbar.

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Literatur

1 Van Meurs T, Van Doorn R, Kirtschig G. Treatment of lentigo maligna with imiquimod cream: long-term follow-up study of 10 patients. Dermatol Surg 2010; 36: 853 – 858

2 Wolf I, Cerroni L, Kodama K, Kerl H. Treatment of lentigo maligna (melanoma in situ) with the immune response modifier imiquimod. Arch Dermatol 2005; 141: 510 – 514

3 Kupfer-Bessaguet I, Guillet G et al. Topical imiquimod treatment of lentigo maligna: clinical and histologic evaluation. J Am Arch Dermatol 2004; 51: 635 – 639

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Morbus Adamantiades-Behçet unter Interferon-Therapie

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A. Gemmeke, L. Büchner, U. Wollina

Anamnese: Seit 4 Jahren berichtet der aus der Türkei stammende 38-jährige Patient über Aphthen der Mundschleimhaut und des Genitale sowie papulopustulöse Hautveränderungen an den Oberschenkeln. Vor einem Jahr befand sich der Patient mit einem Erythema nodosum in hautärztlicher Behandlung, 2005 sei eine Epididymitis aufgetreten. Zudem leide er intermittierend an Arthralgien im linken Sprung- und Kniegelenk. Vor 4 Monaten sei er mit einer plötzlich aufgetretenen Sicca-Symptomatik in augenärztlicher Behandlung gewesen. Bei der Schwester ist bereits ein Morbus Adamantiades-Behçet (MAB) bekannt.

In einer auswärtigen Hautklinik wurde im Jahr 2007 beim Patienten erstmals der MAB diagnostiziert. Vortherapien mit Colchicin, Prednisolon und Methotrexat hätten aber nie zu einer Beschwerdefreiheit geführt. Bei Aufnahme erhielt der Patient 15 mg Prednisolon p. o. täglich und 22,5 mg Methotrexat p. o. wöchentlich.

Hautbefund: An der Mundschleimhaut der rechten Wange zeigten sich zwei jeweils ca. 5 mm große Aphthen. Zudem imponierten an den Oberschenkeln multiple papulopustulöse Hautläsionen ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Mb. Adamantiades-Behçet mit (a) Papulopusteln und (b) oralen Aphthen.

Laborbefunde: HLA-Klasse-I-Antigen B51 war positiv. Es zeigten sich eine diskrete Lymphozytopenie (Lymphozyten 17 %, Normbereich 20 – 45 %) sowie eine leichte Anämie (Hämoglobin 8,2 mmol/l, Normbereich 8,6 – 12,1 mmol/l).

Weitere Befunde: Röntgen der Knie- und Sprunggelenke: Kein Nachweis erosiver oder osteoproliferativer Veränderungen. Sonografie der Knie- und Sprunggelenke: Gonarthritis beidseits, links > rechts. Sonografie der Oberbauchorgane: Kein Hinweis auf Gefäßveränderungen, Nieren mit altersentsprechendem Parenchym.

Echokardiografie: Normalgroße Herzhöhlen mit unauffälliger Kinetik, Ejektionsfraktion 60 %. Kein Perikarderguss. Kein Hinweis auf eine pulmonale Hypertonie. Ophthalmologisches Konsil: Keine akuten Entzündungszeichen im Sinne einer Iridozyklitis. V.a. Retinopathia centralis serosa links unter Prednisolontherapie.

Therapie und Verlauf: Da der Patient unter den systemischen Vortherapien mit Prednisolon, Methotrexat und Colchicin nicht beschwerdefrei war, entschieden wir uns für die Therapie mit Interferon alpha-2a (Roferon A®) 3 × 3 Mio IE wöchentlich. Diese wurde nach initial aufgetretenen grippalen Symptomen vom Patienten sehr gut toleriert. Unter der Interferon-Therapie war der Patient im weiteren Verlauf dauerhaft beschwerdefrei.

Im Verlauf des stationären Aufenthaltes trat beim Patienten eine Thrombophlebitis am linken Unterschenkel auf, die unter der Lokaltherapie mit Ammoniumbituminosulfonat-Watteverbänden rasch vollständig regredient war.

Bei Gonarthritis erfolgte durch unsere physiotherapeutische Abteilung die Iontophorese der Kniegelenke. In Absprache mit unseren rheumatologischen Kollegen wurde zudem eine Osteoporoseprophylaxe mit Calcium-Brausetabletten 500 und Dekristol 25 000 IE-Tabletten alle 14 Tage eingeleitet.

Kommentar: Der MAB ist eine chronisch-entzündliche Multisystemerkrankung mit dem histologischen Korrelat einer leukozytoklastischen Vaskulitis. Die Prävalenz ist in der Nordost-Türkei mit 370 Fällen auf 100 000 Einwohnern am höchsten. Männer sind 5- bis 10-mal häufiger betroffen als Frauen [1].

Die Ätiopathogenese ist unbekannt, autoimmunologische Prozesse oder Virusinfektionen werden als mögliche Ursache diskutiert. Die Erkrankung ist in 50 – 70 % der Fälle mit dem HLA-B-51-Antigen assoziiert [2].

Die Diagnose des MAB kann beim Vorliegen von rezidivierenden oralen Ulzerationen und dem Auftreten von zwei weiteren typischen Symptomen gestellt werden [3]. Dazu gehören bei ca. 72 % der Patienten Hautveränderungen wie das Erythema nodosum, Papulopusteln, polymorphe Erytheme, Pseudofollikulitiden oder genitale Ulzerationen [2]. In bis zu 53 % der Fälle ist das Pathergie-Phänomen positiv. Okuläre, muskuloskelettale, gastrointestinale, urogenitale und kardio-vaskuläre Symptome sind bekannt. Der Neuro-MAB mit Hirnstammsymptomen, Psychosyndromen oder einer Meningoenzephalitis weist eine hohe Letalität auf.

Die Therapie richtet sich nach den vorhandenen Manifestationen und sollte daher interdisziplinär geführt werden. Glukokortikoide können allein oder in Kombination mit anderen Immunsuppressiva wie Methotrexat, Cyclophosphamid oder Dapson eingesetzt werden. Berichtet wird auch über eine günstige Wirkung von Colchicin oder Thalidomid bei milden Krankheitsverläufen [4]. Bei therapierefraktärem Verlauf ist eine Behandlung mit TNF-Antagonisten wie Infliximab oder Interfon-alpha-2a zu erwägen [5,6].

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Literatur

1 Zouboulis CC, Kötter I, Djawari D et al. Current epidemiological data from the German Registry of Adamantiades-Behçet’s disease. Adv Exp Med Biol 2003; 528: 43 – 48

2 Davatchi F, Sharam F, Chams-Davatchi C et al. How to deal with Behçet’s disease in daily practice. Int J Rheum Dis 2010; 13: 105 – 116

3 International Study Group for Behçet’s disease. Criteria for diagnosis of Behçet’s disease. Lancet 1990; 335: 1078 – 1080

4 Yurdakul S, Mat C, Tuzun Y et al. A double-blind trial of colchicine in Behçet’s disease. Arthritis Rheum 2001; 44: 2686 – 2692

5 Kasugai C, Watanabe D, Mizutani K et al. Infliximab treatment of severe genital ulcers associated with Behçet disease. J Am Acad Dermatol 2010; 62: 162 – 164

6 Kötter I, Günaydin I, Zierhut M et al. The use of interferon alpha in Behçet disease: review of the literature. Semin Arthritis Rheum 2007; 204: 205 – 206

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Kältepannikulitis

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J. Runge, G. Kretschmar

Anamnese: Seit dem Jahr 2009 klagt die 44-jährige Patientin wiederholt über rote fleckige Hautveränderungen an den Oberschenkeln teils mit verhärteten, druckdolenten Knoten in der Tiefe. Im Verlauf beobachte sie eine Farbveränderung von rötlich zu livide. Bei Bewegung waren zeitweise pochende Schmerzen vorhanden. Die stärkste Ausprägung wurde gegen Abend bemerkt. Im Jahr 2010 kamen zusätzlich Hautveränderungen am Gesäß hinzu. Insgesamt bestehen die Beschwerden ganzjährig, wobei in den warmen Monaten eine deutliche Linderung der Beschwerden zu verzeichnen ist. Besonders deutlich traten die Beschwerden nach einer Winterwanderung im Februar 2010 und nach dem Schneeschippen auf. Beruflich war keine Kälteexposition zu eruieren. Die bisherige Lokaltherapie mit Ichthyol pur und einer Kompressionsbandagierung führte zu einer leichten Besserung, jedoch zu keiner vollständigen Abheilung. Bei der ambulanten Diagnostik waren Kälteagglutinine nachweisbar gewesen.

Hautbefund: Es fand sich bei Aufnahme entlang beider Oberschenkel (ventral und lateral) eine netzförmige rötlich-livide Zeichnung. Im subkutanen Fettgewebe waren derbe Verhärtungen palpabel. Zudem bestand ventral eine leichte Überwärmung ([Abb. 7 a]).

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Abb. 7 Kissenartige erythematöse Zeichnung bei Kältepannikulitis. a Vor Behandlung, b bei Entlassung.

Histologie: Jeweils Hautgewebe, dessen Epidermis eine geringe Akanthose, geringe bis mäßige korbgeflechtartige Orthohyperkeratose sowie eine geringe follikuläre Keratose aufweist. Örtlich diskrete epidermale Akantholysen. Allenfalls geringe perivaskulär betonte lymphohistiozytäre Entzündungszellinfiltrate im oberen und mittleren Korium mit Ausbreitung bis ins tiefe Korium und das angrenzende subkutane Fettgewebe. Daneben verschiedentlich Mastzellen und vereinzelte eosinophile Granulozyten. Pilz- und Eisennachweis negativ. Vaskulitische Veränderungen sind nicht erkennbar. Die immunfluoreszenzoptische Untersuchung bleibt für alle Parameter negativ.

Laborbefunde: Pathologisch waren Elpho-Albumin-Fraktion 56,8 (60,3 – 71,4 %), Elpho-Alpha-1-Globulin-Fraktion 3,5 (1,4 – 2,9 %), Elpho-Alpha-2-Globulin-Fraktion 14,5 (7,2 – 11,3 %), BSG 35 (< 20 mm), CRP 30,4 (< 5 mg/l), mikrosomale AK 42,6 (0 – 10 kIU/l), Thyreoglobulin-AK 155 (0 – 115 kIU/l), Yersinien-IgG-AK 37,4 (0 – 20 U/ml) und C3-Komplement 1,44 (0,75 – 1,4 g/l); ANA, c-ANCA, p-ANCA, Kryoglobuline, Kälteagglutinine waren negativ und die Cardiolipin-AK im Normbereich.

Therapie und Verlauf: Unsere Lokaltherapie bestand aus einem Ichthyol pur-Verband für beide Oberschenkel, mit dem die Patientin auch entlassen wurde. Bei fortbestehenden Beschwerden mit starken Schmerzen und einer lokalen Rötung und Überwärmung behandelte die Patientin selbstständig lokal mit Dolgyt 5 %-Salbe (Ibuprofen) und nahm einmalig eine Tablette Ibuprofen ein. Darunter kam es zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden.

Klinisch persistiert die netzförmige Zeichnung an den Oberschenkeln, die Druckempfindlichkeit und Schmerzhaftigkeit ist nicht mehr vorhanden ([Abb. 7 b]).

Kommentar: Die Kältepannikulits ist eine seltene Erkrankung. Die ersten Symptome werden nach 6 – 72 Stunden nach der Kälteexposition beobachtet. Bei Säuglingen sind vor allem Wangen und Kinn als besonders kälteexponierte Areale betroffen. Im Erwachsenenalter sind die Oberschenkel und das Gesäß die bevorzugten Lokalisationen. Klinisch imponiert eine kühle, lividrote Haut mit in der Tiefe palpablen Knoten oder Platten. Anamnestisch ist oft eine längere Kälteexposition wie z. B. Skilaufen, Reiten oder eine therapeutische Kälteanwendung zu eruieren. Die Symptome bilden sich oft im Verlauf von 2 – 3 Wochen, teils unter Hinterlassung eines atrophen, eingesunkenen Areals zurück [1].

Histologisch zeigen sich in der Frühphase perivaskuläre Infiltrate aus Lymphozyten und Histiozyten an der Dermis-Subkutisgrenze [2]. Bei der Probeentnahme ist auf eine tiefe Biospie mit dem Skalpell zu achten (Stanzbiopsien liefern oft unzureichendes Material) [3]. Die Labordiagnostik ist meist unauffällig, Kryoglobuline oder Kälteagglutinine sind negativ [4]. Die Therapie ist symptomatisch. Besonders wichtig ist dabei ein guter Kälteschutz.

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Literatur

1 Wollina U. Disorders caused by physical and chemical damage. In: Burgdorf WHC, Plewig G, Wolff HH, Landthaler M, Hrsg. Braun-Falco’s Dermatology. 3rd edition. Springer Medizin: Heidelberg – New York; 2009: 598 – 616

2 Quesada-Cortes A, Campos-Munoz L, Diaz-Diaz RM et al. Cold panniculitis. Dermatol Clin 2008; 26: 485 – 489

3 Aroni K, Aivaliotis M, Charalambopoulos D et al. An unusual panniculitis appearing in the winter with good response to tetracycline. J Dermatol 1998; 25: 677 – 681

4 Beacham BE, Cooper PH, Buchanan CS et al. Equestrian cold panniculitis in women. Arch Dermatol 1980; 116: 1025 – 1027

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Systemische Therapie mit Infliximab bei schwerer Psoriasis pustulosa generalisata und Psoriasis-Arthritis

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D. Langner, S. Eppinger

Anamnese: Der 62-jährige Patient wurde seit 2007 in regelmäßigen Abständen mit ausgeprägten Schüben einer Psoriasis pustulosa generalisata mit Arthritis in unserer Klinik behandelt. Im Jahr 2007 erfolgte eine Einstellung auf Ciclopsorin A (Immunosporin 100 mg – 0 – 50 mg, später Acitretin (Neotigason 50 mg/d) mit Reduktion im Verlauf auf 25 mg/d. Zwischenzeitlich waren Prednisolon-Stoßtherapien erforderlich. Als Nebendiagnosen bestehen ein Diabetes mellitus Typ 2, eine hypertensive Herz- und Nierenerkrankung, eine Trigeminusneuralgie, chronisches Vorhofflimmern sowie ein kongenitaler Hydrocephalus internus mit geminderter Intelligenz.

Hautbefund: Es fanden sich generalisierte, stecknadelkopfgroße Pustulationen auf insgesamt geröteter Haut mit Konfluenz zu multiplen großen Pustelseen mit zum Teil auch eingetrockneten, gelblich krustös belegten Läsionen ([Abb. 8]). Die Kopfhaut und die Handflächen waren stark schuppend. Inguinal beidseits und genital imponierten hochrote, nässende und mazerierte Hautveränderungen.

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Abb. 8 Psoriasis pustulosa generalisata.

Histologie: Bedeckende Epidermis mit überwiegend orthokeratotischer Verhornung sowie kleinherdigen Parakeratosen. Abschnittsweise epidermale Spongiose mit wechselnd dichter granulozytärer Infiltration in diesen Abschnitten im Sinne spongiformer Epidermisveränderungen. Vor allem im oberflächlichen Stratum spinosum bzw. subkorneal lokalisierte, teilweise konfluierte Pusteln. Kleinere Pusteln auch intrakorneal, diese gelegentlich auch mit Übergang in recht ausgedehnte Schuppenkrusten. Im abschnittsweise ödematös aufgelockerten Papillarkörper neben Kapillarektasien ein dominierend perivaskulär, aber auch interstitiell und fokal periadnexiell lokalisiertes bis mitteldichtes entzündliches Infiltrat, zu gleichen Teilen zusammengesetzt aus lymphomonozytoiden/histiozytären Zellen und neutrophilen Granulozyten.

Laborbefunde: Pathologisch waren Erythrozyten 4,15 Tpt/l, Hämoglobin 7,20 mmol/l, Hämatokrit 0,36 l/l, MCH 1,73 fmol, Kalium 3,42 mmol/l, Kreatinin 111,7 µmol/l, Gamma-GT 1,30 µkat/l, BSG 38 mm, CRP 20,2 mg/l.

Therapie und Verlauf: Da beim Patienten mehrere systemische Medikamente das schwere Krankheitsbild nicht kontrollieren konnten, entschlossen wir uns zu einer Infliximab-Therapie. Wir verabreichten dem Patienten bisher drei intravenöse Infusionen mit jeweils 440 mg (entsprechend 5 mg/kg Körpergewicht) Infliximab (Remicade®) in Woche 0, 2 und 6. Unter dieser Therapie zeigte der Patient ein gutes Ansprechen mit vollständigem Sistieren der Pustelbildung. Acitretin wurde schrittweise reduziert und letztendlich abgesetzt.

Kommentar: Die Psoriasis pustulosa generalisata (Typ Zumbusch) ist eine seltene, schwere Form der Psoriasis, welche gekennzeichnet ist durch großflächig auftretende Pusteln und ein schweres Krankheitsgefühl mit Fieber, Schwäche, Abgeschlagenheit und einer Leukozytose. Infliximab (Remicade®) ist ein chimärer, human-muriner, monoklonaler Antikörper, der mit hoher Affinität an das lösliche als auch an die transmembrane Form des TNF-α bindet. Es wird als intravenöse Infusion mit einer Dosis von 5 mg/kg KG über mindestens 2 Stunden verabreicht. Die Infusionen erfolgen in Woche 0, 2, 6 und anschließend alle 8 Wochen. Infliximab-Einsatz verlangt den Ausschluss von Infektionskrankheiten, insbesondere einer Tuberkulose. Zu den Vorteilen von Infliximab gehört, dass keine Arzneimittelinteraktionen bekannt sind. Primäre Indikationen sind die mittelschwere und schwere Psoriasis vulgaris und die Psoriasis-Arthritis [1].

Wie der Verlauf bei unserem Patienten belegt, ist die Wirksamkeit auch bei generalisierter Psoriasis pustulosa sehr gut. Dies wird durch Fallmitteilungen aus der Literatur bestätigt [2,3]. Vorteilhaft ist im konkreten Fall auch die Sicherung einer Compliance durch Kurzinfusionen.

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Literatur

1 Chaudhari U, Romano P, Mulcahy LD et al. Efficacy and safety of infliximab monotherapy for plaque-type psoriasis: a randomised trial. Lancet 2001; 357: 1842 – 1847

2 Chandran NS, Chong WS. A dramatic response to a single dose of infliximab as rescue therapy in acute generalized pustular psoriasis of von Zumbusch associated with a neutrophilic cholangitis. Australas J Dermatol 2010; 51: 29 – 31

3 Vieira Serrão V, Martins A, Lopes MJ. Infliximab in recalcitrant generalized pustular arthropatic psoriasis. Eur J Dermatol 2008; 18: 71 – 73

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Allergisches Kontaktekzem nach „Henna”-Tattoo

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M. Tilp, U. Gabsch, A. Koch

Anamnese: Nach dem Aufmalen einer schwarzen Henna-Tätowierung an beiden Unterarmen im Oktober letzten Jahres entwickelten sich bei dem 11-jährigen Mädchen psoriasiforme, infiltrierte Hautveränderungen. Es waren bisher keine Kontaktsensibilisierungen bekannt. Es bestand eine positive Familienanamnese für Psoriasis.

Hautbefund: Es fanden sich scharf auf das Tattoo-Areal beschränkte, grob schuppende, keratotische, deutlich infiltrierte Areale an beiden Unterarmen ([Abb. 9]).

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Abb. 9 Kontaktdermatitis auf „Henna”-Tattoo.

Histologie: Mäßiggradig uncharakteristisch akanthotisch verbreitert mit abschnittsweiser Hypogranulose und Hyperparakeratose. Örtlich in unterschiedlichem Maße ausgeprägte epidermale Spongiose, einschließlich mit an umschriebener Stelle nachweisbarer intraepidermaler spongiotischer Vesikelbildung. Im Papillarkörper sowie oberen und mittleren Korium ein schütteres bis mitteldichtes, betont perivaskulär lokalisiertes dominierend lymphomonozytoides Entzündungszellinfiltrat mit wenigen beigemischten neutrophilen Granulozyten und einzelnen Mastzellen.

Lichttreppe: Keine erhöhte UVA- oder UVB-Lichtempfindlichkeit

Epicutantestung (Standard, Duftstoffe, Externa, Farbstoffe): Positiv für N-Isopropyl-N-phenyl-p-phenylendiamin, Toluylendiamin, Phenylendiamin ([Abb. 10]).

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Abb. 10 Positive Epikutantestung.

Therapie und Verlauf: Unter der Lokaltherapie mit Daivobetsalbe 2 × täglich, welche wir aufgrund des psoriasiformen Aspektes verwendeten, flachten die reliefartigen Hautveränderungen an den Unterarmen ab und die Schuppung war regredient. Zur Entlassung zeigten sich, entsprechend dem Muster der Tätowierung, noch Hypopigmentierungen an beiden Unterarmen. Daheim kam es nochmals zu einem streng auf die Tattooareale beschränkten milden Aufflammen der oben beschriebenen Hautveränderungen ohne erkennbaren Auslöser.

Kommentar: Henna wird in vielen Kulturen schon seit dem Altertum für kosmetische oder rituelle Zwecke genutzt. Natürliches Henna, welches aus den getrockneten und zerriebenen bzw. zermahlenen Blättern des Hennastrauches (Lawsonia inermis) gewonnen wird, bildet nach 2 bis 12 Stunden einen braun-rötlichen Farbton auf der Haut [1]. Es existieren nur wenige Fallbeschreibungen allergischer Reaktionen auf pures Henna. Eine Sensibilisierung auf Henna besteht gehäuft bei Frisören. Typische Symptome sind u. a. Rhinitis, Husten sowie Kurzatmigkeit, jedoch weniger Hautreaktionen [2]. Zur Farbintensivierung werden natürlichem Henna häufig Zusätze, z. B. Paraphenylendiamin oder p-Toluylendiamin beigemischt, welche potente Kontaktallergene darstellen und innerhalb von 3 – 4 Tagen ausgeprägte Lokalreaktionen hervorrufen können, was als Pseudo-Henna-Kontaktekzem beschrieben wird [3].

Fazit: Auch bei als temporären, Natur- oder Bio-Tattoo angebotenen Körperbemahlungen ist Vorsicht geboten, denn sie können undeklarierte Allergene enthalten.

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Literatur

1 Gunasti S, Aksungur VL. Severe inflammatory and keloidal, allergic reaction due to para-phenylenediamine in temporary tattoos. Indian J Dermatol Venereol Leprol 2010; 2: 165 – 167

2 Kazandjieva J, Balabanova M, Kircheva K et al. Contact dermatitis due to temporary henna tattoos. Skinmed 2010; 3: 191 – 192

3 Tan E, Garioch J. Black henna tattoos: coexisting rubber and para-phenylenediamine allergy? Clin Exp Dermatol 2007; 6: 782 – 783

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Zirkumskripte Sklerodermie (Morphaea) vom lineären Typ

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B. Heinig, H. Ahmed, U. Wollina

Anamnese: Seit einem Ÿ Jahr zeigt das 7-jährige Kind Hautveränderungen des linken Beines, welche am linken lateralen Fuß begannen. Die Altersentwicklung verlief regelrecht.

Hautbefund: Im Bereich des lateralen linken Fußes zeigte sich ein livid-bräunliches, oberflächlich eingesunkenes und ca. 4 × 3 cm großes Hautareal. Weiterhin bot das Kind einen atrophen Hautbezirk von 2,5 × 2,5 cm am linken Außenknöchel sowie ein in der linken Kniekehle lokalisiertes, derb-atrophes Hautareal ([Abb. 11]). Konfluierende Atrophieherde am linken dorsalen Oberschenkel, die sich bis zur Gesäßregion fortsetzten, ließen sich optisch nur undeutlich abgrenzen. Die sklerotischen Hautareale zeigten sich gut verschieblich.

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Abb. 11 Lineäre Morphaea am Bein (a) und Fuß (b).

Histologie: Das Bioptat zeigte ein gering verbreitertes, dermales Bindegewebe mit homogenisierten, teilweise betont parallel zur Hautoberfläche orientierten Kollagenfasern. Elastische Fasern waren erhalten und teilweise gestreckt verlaufend. Deutlich verkleinerte Haarfollikel und einzelne ekkrine Schweißdrüsen sind in das mittlere Korium verlagert und in kollagenem Bindegewebe eingemauert. In der retikulären Dermis zeigte sich ein sowohl oberflächlich und tief perivaskulär als auch periadnexiell lokalisiertes, lymphozytoides Infiltrat mit wenigen Plasmazellen ([Abb. 12]).

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Abb. 12 Morphaea-Histologie. a HE-Färbung mit verplumpten Kollagenfasern und Ummauerung der Hautadnexe (HE × 4). b Verminderung der elastischen Fasern (Elastica-Färbung × 4).

Laborbefunde: Antinukleäre Antikörper 1 : 160; U1RNP-, Sm-, SSA-, SSB-, SCL70-, CENP-B-, Jo1- und DNA-AK alle negativ.

Therapie und Verlauf: Aufgrund der bestätigten lineären Morphaea begannen wir aktuell eine intensive topische physiotherapeutische Behandlung mit manueller Lymphdrainage im therapeutischen Aufbau und befundadaptierter Krankengymnastik unter Einbeziehung von Dehnungsmomenten in verschiedenen Ausgangspositionen. Die bereits praktizierte Schwimmaktivität sollte mit anschließender Lokalpflege der Sklerodermieherde weitergeführt werden. Auf die lokale Applikation von Ultraschall-Phonophorese verzichteten wir vorerst in Anbetracht der kindlichen Skelettentwicklung und der Nähe der Epiphysenfugen. Alternativ hielten wir thermoindifferente Bäder mit Ölzusatz für angemessen. Während sportlicher Aktionen sollte statische Haltearbeit vermieden werden. Angezeigt sind hingegen dynamisch-spielerische Fuß- und Beinübungen (z. B. Greifübungen der Zehen) mit entsprechender Muskel- und Gelenkaktivität, welche Entstauung und Motorik stimulieren. Ständige Hautkontrollen bezüglich Bagatellverletzungen und das Tragen von Schuhen mit weichem Innenfutter wurden empfohlen.

Kommentar: Die Morphaea wird in plaqueförmige, lineare, generalisierte, bullöse und profunde Varianten untergliedert. Die Ätiologie ist letztlich ungeklärt, die formale Pathogenese geht von vaskulären Schädigungen mit Rekrutierung pro-inflammatorischer und pro-fibrotischer Zytokine wie Tumor-Wachstumsfaktor (TFG)-β und nachfolgendem Bindegewebsumbau aus [1 – 3]. Skleroseprädilektionsstellen sind beim lineären Typ der Rumpf und die Extremitäten, wobei es nicht selten zu gelenkübergreifenden Hautveränderungen kommt, die Ursache von Muskelatrophien und Kontrakturen sein können. Inadäquate Therapie kann zu funktionellen Bewegungseinschränkungen und Dysproportionen führen. Unbestritten ist die Notwendigkeit kontinuierlicher, intensiver physiotherapeutischer Maßnahmen (antifibrotisch/antiödematös, mild-hyperämisierend, mobilisierend/funktionserhaltend), um Sklerosierungstendenzen der Haut und Bewegungseinschränkungen entgegenzuwirken [3].

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Literatur

1 Badea I, Taylor M, Rosenberg A, Foldvari M. Pathogenesis and therapeutic approaches for improved topical treatment in localized scleroderma and systemic sclerosis. Rheumatology 2009; 48: 213 – 221

2 Fett N, Werth VP. Update on morphea. Part I. J Am Acad Dermatol 2011; 64: 217 – 228

3 Fett N, Werth VP. Update on morphea. Part II. J Am Acad Dermatol 2011; 64: 231 – 242

4 Wollina U, Uhlemann C. Die klassischen „Kollagenosen” – Pathogenese und Therapieansätze. Physikal Med Rehab Kurortmed 1994; 4: 22 – 26

Prof. Dr. Uwe Wollina

Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum

Friedrichstraße 41
01067 Dresden

eMail: wollina-uw@khdf.de

Prof. Dr. Uwe Wollina

Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum

Friedrichstraße 41
01067 Dresden

eMail: wollina-uw@khdf.de

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Abb. 1 In-transit-Metastasen. a Übersicht (HE × 2), b Detail (HE × 10).

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Abb. 2 Histologische Kontrolle nach Interleukin-2-Behandlung ohne Tumornachweis. a HE-Färbung (× 10); b Immunhistologie (Pan-Melanoma-Cocktail × 10).

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Abb. 3 Akrolentiginöses Melanom am Daumen.

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Abb. 4 Akrolentiginöses Melanom, Histologie. a HE-Färbung × 10; b Immunhistologie (MART-1 × 10).

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Abb. 5 Lentigo-maligna-Melanom auf Lentigo maligna. a Ausgangsbefund, b Operationssitus, c Verschluss mit Wangenrotationsplastik.

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Abb. 6 Mb. Adamantiades-Behçet mit (a) Papulopusteln und (b) oralen Aphthen.

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Abb. 7 Kissenartige erythematöse Zeichnung bei Kältepannikulitis. a Vor Behandlung, b bei Entlassung.

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Abb. 8 Psoriasis pustulosa generalisata.

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Abb. 9 Kontaktdermatitis auf „Henna”-Tattoo.

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Abb. 10 Positive Epikutantestung.

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Abb. 11 Lineäre Morphaea am Bein (a) und Fuß (b).

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Abb. 12 Morphaea-Histologie. a HE-Färbung mit verplumpten Kollagenfasern und Ummauerung der Hautadnexe (HE × 4). b Verminderung der elastischen Fasern (Elastica-Färbung × 4).