Sprache · Stimme · Gehör 2010; 34(4): 237-242
DOI: 10.1055/s-0030-1267970
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hörgeschädigte Kinder in Regelschulen – Selbstkonzept, Integrationserleben, psychosoziale Aspekte und pädagogische Rahmenbedingungen[1]

Hearing Impaired Children in Regular Schools – Self-Concept, Integration Experience, Psycho-Social Aspects and Educational FrameworksF. Muigg1 , D. Nekahm-Heis1 , F. Juen2
  • 1Universitätsklinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen, Medizinische Universität Innsbruck
  • 2Institut für Psychologie, Universität Innsbruck
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 November 2010 (online)

Zusammenfassung

Hörgeschädigte Kinder sehen sich bezüglich ihrer Hör- und Lautsprachentwicklung mit erschwerten Rahmenbedingungen und Voraussetzungen konfrontiert. Diese Tatsache stellt sie vor große Herausforderungen in ihrem von Lautsprache geprägten Umfeld. Wie Studien zeigen konnten, liegen in dieser Situation besondere Gefährdungsbereiche für die psychische und soziale Entwicklung hörgeschädigter Kinder. In Österreich werden mittlerweile etwa 70% aller hörgeschädigten Kinder regelschulintegriert. Auch in Deutschland ist ein deutlicher Trend zur Regelschulintegration zu beobachten. In einem lautsprachlich geprägten schulischen Umfeld bestehen für hörgeschädigte Kinder allerdings besonders herausfordernde akustische Bedingungen, welche sie nicht nur leistungsspezifisch bewältigen müssen, sondern welche sich mitunter negativ im Rahmen der Peer-Interaktion auswirken können. In der vorliegenden Arbeit werden das Selbstkonzept und Integrationserleben sowie psychosoziale Aspekte und Auffälligkeiten von hörgeschädigten, in Form von Einzelintegration regelschulintegrierten Kindern in Tirol erfasst. In Zusammenschau mit früheren Untersuchungen werden Faktoren und Mechanismen abgeleitet, die Impulse für die psychologisch relevante Arbeit mit hörgeschädigten Kindern liefern können (Diagnostik, Therapie, pädagogische Begleitung, Elternarbeit).

Abstract

Hearing impaired children are confronted with adverse framework conditions and difficult prerequisites related to their aural and spoken language development. Interaction in their social environment is mainly dominated by auditory-verbal communication, thus entailing a major challenge for development. Recent studies support the assumption that hearing impaired children encounter a high risk concerning their psychic and social development. In Austria about 70% of these children are already integrated into regular schools by now. In Germany a similar trend can be observed. Within the regular school system spoken language is dominant and hard of hearing children face challenges not only in regard to school achievement but also concerning the quality of their peer interactions. The present study deals with a practice-oriented evaluation of the self concept, integration experience and behavioural abnormalities of hard of hearing children. In synopsis with the literature, specific mechanisms and factors were derived, providing innovative stimuli for the psychological work with hearing impaired children in assessment, therapy, educational companionship and parental support.

1 Teile dieser Studie wurden im Rahmen der 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) vom 12.–14.09.2008 in Düsseldorf und der 12. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie (DGA) vom 11.–14.03.2009 in Innsbruck vorgetragen.

Literatur

  • 1 World Health Organisation .International Classification of Functioning.Disability and Health. Genf: WHO; 2001
  • 2 World Health Organisation .Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit.Behinderung und Gesundheit. Genf: WHO; 2005
  • 3 Schuntermann MF. Einführung in die ICF,. 2. Auflage. Landsberg/Lech: ecomed; 2007
  • 4 Schmalbrock C. Verstehen und Verständigung: zur Entwicklung und Frühförderung von Kindern mit Hörschädigung. Butzbach-Griedel: Afra Verlag; 2002
  • 5 Klinke R. Hören lernen – die Bedeutung der ersten Lebensjahre.  Sprache Stimme Gehör. 2008;  32 6-11
  • 6 Keilmann A. Entwickelt sich das Hörvermögen von allein?.  Hörakustik. 2002;  9 10-20
  • 7 Friedrich G, Bigenzahn W, Zorowka P. Phoniatrie und Pädaudiologie. Einführung in die medizinischen, psychologischen und linguistischen Grundlagen von Stimme, Sprache und Gehör. 4. Auflage Bern: Hans Huber; 2008
  • 8 Horsch U. Frühe Dialoge als Element der Hör- und Sprachentwicklung. In: Horsch U, Hrsg. Frühe Dialoge: Früherziehung hörgeschädigter Säuglinge und Kleinkinder. Ein Handbuch Hamburg: Verlag hörgeschädigte Kinder GmbH; 2004: 121-137
  • 9 Hintermair M. Familie, kindliche Entwicklung und Hörschädigung.Theoretische und empirische Analysen. Heidelberg: Universitätsverlag Winter; 2005
  • 10 Hintermair M. Sozial-emotionale Probleme hörgeschädigter Kinder – erste Ergebnisse mit der deutschen Version des Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ-D).  Z Kinder Jugendpsychiatr. 2006;  34 49-61
  • 11 Vetter A. Psychosoziale Aspekte und sprachliche Kompetenz bei hörgeschädigten Kindern – ein Vergleich verschiedener Schulformen. Unveröffentlichte Diplomarbeit. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau.  Institut für Psychologie. Abteilung für Rehabilitationspsychologie; 2006; 
  • 12 Grawe K. Neuropsychotherapie. Göttingen: Hogrefe; 2004
  • 13 Muigg F, Juen F. Hörgeschädigte Kinder in Regelschulen. Selbstkonzept, Integrationserleben, Psychosoziale Aspekte, Rahmenbedingungen. Unveröffentlichte Diplomarbeit.Institut für Psychologie. Universität Innsbruck; 2008
  • 14 Baldzun B, Hintermair M. Identitätsarbeit hörgeschädigter Schüler an Regelschulen – eine Studie zur Wahrnehmung der Situation durch den Sonderpädagogischen Dienst.  Hörgeschädigten Pädagogik. 2009;  2 50-62
  • 15 Piers EV. Piers Harris Children's Self-Concept Scale. Revised Manual 1984. 6. Auflage Los Angeles: Wester Psychological Services; 1990
  • 16 Unterthiner S. Selbstkonzept und sportliche Leistung von Kindern. Eine Untersuchung an Kindern im alpinen Ski(renn)lauf. Unveröffentlichte Diplomarbeit.Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Institut für Psychologie und Sportwissenschaften; 2005
  • 17 Haeberlin U, Moser U, Bless G. et al .Integration in die Schulklasse. Fragebogen zur Erfassung von Dimensionen der Integration von Schülern.. FDI 4–6 Bern: Haupt; 1989
  • 18 Goodman R. The Strengths and Difficulties Questionnaire: a research note.  J Child Psychol Psychiatry. 1997;  38 581-586
  • 19 Woerner W, Becker A, Friedrich C. et al . Normierung und Evaluation der deutschen Elternversion des Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ): Ergebnisse einer repräsentativen Felderhebung.  Z Kinder Jugendpsychiatr. 2002;  30 105-112
  • 20 Schmitt J. Hörgeschädigte Kinder und Jugendliche in allgemeinen Schulen: Untersuchung von schulischer Einzelintegration in Bayern unter besonderer Berücksichtigung des Überganges in die Sekundarstufe. Aachen: Shaker; 2003
  • 21 Hollweg U. Integration hochgradig hörbeeinträchtigter Kinder in Grundschulklassen. Neuwied: Luchterhand; 1999
  • 22 Lindner B. „Soviel Integration wie möglich – so viele Sondereinrichtungen wie nötig”. Warum wechseln hörgeschädigte Schüler von der allgemeinen Schule an das Förderzentrum, Förderschwerpunkt Hören?. In: Leonhardt A, Hrsg. Hörgeschädigte Schüler in der allgemeinen Schule. Theorie und Praxis der Integration. Stuttgart: Kohlhammer; 2009: 180-217
  • 23 Löwe A. Hörgeschädigte Kinder in Regelschulen. Ergebnisse von Untersuchungen und Erhebungen in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz. Dortmund: Geers-Stiftung; 1985
  • 24 Elmiger P. Soziale Situation von integriert geschulten Schwerhörigen in Regelschulen.Unveröffentlichte Diplomarbeit. Universität Freiburg (Schweiz); 1992
  • 25 Steiner K. Die Sicht der Lehrkräfte der allgemeinen Schulen. In: Leonhardt A, Hrsg. Hörgeschädigte Schüler in der allgemeinen Schule.Theorie und Praxis der Integration Stuttgart: Kohlhammer; 2009: 89-116
  • 26 Ludwig K. Eltern und Integration – Erfahrungen und Erwartungen. In: Leonhardt A, Hrsg. Hörgeschädigte Schüler in der allgemeinen Schule.Theorie und Praxis der Integration Stuttgart: Kohlhammer; 2009: 148-179
  • 27 Schönauer S. Beratung und Betreuung Hörgeschädigter Kinder an allgemeinbildenden Pflichtschulen. Unveröffentlichte Diplomarbeit.Institut für Erziehungswissenschaften. Universität Innsbruck; 2001

1 Teile dieser Studie wurden im Rahmen der 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) vom 12.–14.09.2008 in Düsseldorf und der 12. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie (DGA) vom 11.–14.03.2009 in Innsbruck vorgetragen.

Korrespondenzadresse

F. Muigg

Universitätsklinik für Hör-,

Stimm- und Sprachstörungen

Landeskrankenhaus –

Universitätskliniken Innsbruck

Anichstraße 35

A-6020 Innsbruck

Email: franz.muigg@uki.at