physiopraxis 2010; 8(11/12): 14
DOI: 10.1055/s-0030-1270098
physiowissenschaft

Snowboarden – Protektorenschutz zu hoch eingeschätzt

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Publication Date:
29 November 2010 (online)

 

Snowboarder erwarten mehr Schutz von Rückenprotektoren, als diese tatsächlich geben.

Dies fanden Kai-Uwe Schmitt von der Universität in Zürich, Schweiz, und sein Team heraus. Sie befragten rund 1.400 Snowboarder direkt auf den Pisten und mit einem Online-Fragebogen: zu Schutzausrüstung, persönlichen Daten, Anzahl an Stürzen, Sicherheitsbewusstsein und vorangegangenen Verletzungen. Zusätzlich testete das Forscherteam die Wirksamkeit aller 12 gängigen Protektorenmodelle: Ihre Belastbarkeit ermittelten sie mit einem für Motorradprotektoren entwickelten Test. Um die Eindringtiefe in den Protektor zu untersuchen, ließen die Autoren einen 3 kg schweren Gegenstand aus 75 cm Höhe auf einen auf dem Protektor platzierten Kegel fallen. Dieser Test gilt als Standard zur Untersuchung der Sicherheit von Skihelmen.

Softshellprotektoren, die kraftresorbierende Schichten verwenden, schnitten beim Belastungstest besonders gut ab. Die Hartschalenprotektoren waren dagegen resistenter bezüglich der Eindringtiefe.

In ihrer Umfrage fanden Schmitt und seine Kollegen heraus, dass ca. 40–50 % der Snowboarder einen Rückenschutz benutzen. Jedoch herrscht eine Diskrepanz zwischen deren Erwartungen und dem, was die Protektoren tatsächlich leisten können: Die Sportler gehen davon aus, dass sie sich vor ernsthaften Wirbelsäulenverletzungen wie Wirbelbrüchen und Rückenmarkverletzungen schützen können. Allerdings gibt es bisher nur einen einzigen international anerkannten Belastungstest für Protektoren – und der wurde für Motorradfahrer entwickelt. Somit ist dessen Übertragbarkeit auf Verletzungsmechanismen von Snowboardern fraglich. Außerdem haben die Protektoren zwar gute Ergebnisse in den Belastungstests, die Belastbarkeit ist jedoch lange nicht so hoch, dass sie die Erwartungen der Sportler erfüllen könnte.

Das Tragen von Rückenprotektoren könnte somit bei Snowboardern ein falsches Sicherheitsgefühl hervorrufen. Die Forscher fordern dringend, die Verletzungsmechanismen beim Snowboarden genauer zu erforschen und anhand der Ergebnisse zu überprüfen, ob die bestehenden Protektoren dafür abgewandelt werden müssen.

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Br J Sports Med 2010; 44: 822–826