Zentralbl Chir 2014; 139(1): 83-88
DOI: 10.1055/s-0031-1271432
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Klinische Manifestationen infusionsbedingter Extravasate und ihr therapeutisches Management

Clinical Manifestation of Extravasation Caused by Infusion and its Therapeutic Management
S. Altmann
Otto-von-Guericke-Universität, Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
H.-G. Damert
Otto-von-Guericke-Universität, Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
W. Schneider
Otto-von-Guericke-Universität, Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Magdeburg, Deutschland
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Publication Date:
19 May 2011 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung: Bei der Applikation von systemischen Chemotherapien kann es infolge von Extravasa­tion, durch die Aggressivität der Substanzen, zu einer Nekrose des umliegenden Gewebes kommen. Die daraus resultierenden Weichteildefekte sind häufig mit der Zerstörung von Sehnen, ­Nerven oder Muskulatur kombiniert. Deshalb ist eine radikale chirurgische Exzision mit adäquater Defektdeckung indiziert. Patienten und Methode: Wir behandelten in den letzten 10 Jahren 44 Patienten mit Nekrosen aufgrund eines Extravasates. In den meisten Fällen war die Hand bzw. der distale Unterarm, aber auch die Ellenbeuge betroffen. Trotz Applikation der Chemotherapien über Portsysteme sind auch Defekte an der Thoraxwand möglich. Zur Defektdeckung wurden lokale und freie Lappenplastiken, Spalthauttransplantationen oder der Direktverschluss durchgeführt. Ergebnisse: In fast allen Fällen konnte eine stabile Defektdeckung erreicht werden. Eine Amputation war in keinem der Fälle notwendig. Aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes, der Immunsuppression und der Komorbidität der Patienten kam es in einigen Fällen jedoch zu Wundheilungsstörungen, die zum Teil auch Folgeoperationen verursachten. Als schwerwiegende Komplikationen hatten wir einmal einen Lappenverlust und ein Patient verstarb 2 Tage nach der Infekt­exzision an seiner Grunderkrankung, einem ne­phrotischen Syndrom. Schlussfolgerung: Extravasate stellen eine schwerwiegende onkologische Komplikation dar, die, inadäquat therapiert, zu bleibenden Funk­tionsstörungen der betroffenen anatomischen Region führen kann. Vielfältige Möglichkeiten der Defektdeckung durch Lappenplastiken stehen zur Verfügung. Die Hebemorbidität ist in der Regel gering. Ein zweizeitiges Vorgehen mit zunächst radikaler Resektion der betroffenen Areale und anschließender Konditionierung der Wunde durch ein VAC-System oder temporäre Defektdeckung und im zweiten Schritt erst die Durchführung einer Lappenplastik, hat sich bewährt. Durch eine frühzeitige chirurgische Intervention kann eine sichere Defektdeckung mit einer guten Funktionalität der betroffenen Region erreicht werden. 

Abstract

Introduction: Extravasal application of chemo­ther­apeutic agents may cause necrosis of surrounding tissue. Often tendons, nerves and muscles are destroyed. In some cases a surgical excision with an additional coverage is indicated. Patients and Methods: In the last ten years we have treated 44 patients with necrosis after extravasation. The defects were mostly localised at the hand or distal forearm, but the cubital fossa and the thorax were affected, too. Excision of the infiltrated tissue was performed and the defect covered with local or free flaps, split skin graft or primary closure. Results: In nearly all cases a stable coverage was achieved. An amputation of the hand was never necessary. Patients with immunosuppression or comorbidity sometimes had wound-healing difficulties that in some cases necessitated further operations. Serious complications were in one case a flap necrosis and another patient died 2 days after the operation because of his nephrot­ic syndrome. Conclusion: Chemotherapy extravasation is an important oncological complication that may cause permanent functional disability of the anatomic region. A variety of free and local flaps with tolerable donor site morbidity can be used for ­coverage. We prefer a two-step procedure with radical resection of the area and conditioning of the wound with vacuum therapy or temporary wound coverage and in the next step the defini­tive wound closure. Conservative treatment is ­often followed by a high rate of complications. Early radical debridement and coverage with an adequate flap offers a cure with good functional results.