Rofo 2011; 183(6): 582-586
DOI: 10.1055/s-0031-1274678
DRG - Radiologie und Recht

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Zulassungsverzicht des ausscheidenden Gesellschafters einer Gemeinschaftspraxis im einstweiligen Rechtsschutz

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Publication Date:
26 May 2011 (online)

 

Einführung

Bei dem Ausscheiden eines Vertragsarztes aus einer Gemeinschaftspraxis haben die verbleibenden Ärzte ein großes Interesse daran, dass der Vertragsarztsitz des Ausscheidenden in der Gemeinschaftspraxis verbleibt und durch einen ihnen genehmen Nachfolger übernommen wird. Nach dem Wortlaut des § 103 Abs. 4 und 6 SGB V ist die sozialrechtliche Rechtsposition der verbleibenden Ärzte jedoch nur schwach. Das BSG hat die Position der verbleibenden Partner vor einigen Jahren deutlich verstärkt, indem es ihnen ein eigenes Ausschreibungsrecht zuerkannt hat.

Das Ausschreibungsrecht steht den verbleibenden Partnern allerdings nur dann zu, wenn die Zulassung des Ausscheidenden endet, d. h. wenn er diese nicht verlegt und sich nicht an einem anderen Standort innerhalb des Planungsbereichs niederlässt. In den Fällen, in denen keiner der in § 103 Abs. 4 SGB V genannten Beendigungsgründe (Tod, Verzicht, Zulassungsentziehung) eingreift, wird das Ausschreibungsverfahren nicht durchgeführt, sodass auch nach der Entscheidung des BSG keine Verpflichtung des ausscheidenden Partners besteht, seinen Vertragsarztsitz in der Gemeinschaftspraxis zu belassen und bei der Übertragung der Zulassung auf einen Arzt nach Wahl der verbleibenden Partner mitzuwirken. Damit ist der Fortbestand einer Gemeinschaftspraxis im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters mit vertragsärztlicher Zulassung in Gefahr, da dieser den Vertragsarztsitz verlegen und damit der Gemeinschaftspraxis ein Regelleistungsvolumen entziehen kann. Anders als bei angestellten Ärzte gemäß § 103 Abs. 4a und 4b SGB V, deren Zulassung dauerhaft an das MVZ oder einen niedergelassenen Arzt gebunden ist, unterliegen vertragsärztliche Zulassungen keinen öffentlich-rechtlichen Bindungen an eine Berufsausübungsgemeinschaft.

Da der tatsächliche Wert einer vertragsärztlichen Zulassung, trotz anderslautender Rechtsprechung der Sozial- und Finanzgerichte, in überversorgten Planungsbreichen heute erheblich ist, haben die Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis, die einen Vertragsarztsitz mit einem neuen Kollegen nachbesetzen möchten, ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass der Vertragsarztsitz auch dann bei der Gemeinschaftspraxis verbleibt, wenn der neue Kollege aus der Gesellschaft zukünftig ausscheidet. Im Rahmen der Gestaltung von Gemeinschaftspraxisverträgen wird daher versucht, durch sog. Nachbesetzungsklauseln diesem Umstand Rechnung zu tragen. Allerdings hat sich gezeigt, dass auch derartige Nachbesetzungsklauseln kein Allheilmittel sind, da diese nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte nicht zeitlich unbegrenzt zulässig sind. Vor allem entfalten diese Vertragsklauseln keine Bindungswirkung gegenüber den Zulassungsgremien, falls der ausscheidende Gesellschafter bewusst gegen diese verstößt und einen Verlegungsantrag stellt.