Aktuelle Neurologie 2011; 38 - P41
DOI: 10.1055/s-0031-1276546

BoNT-Therapie der Armspastik nach Schlaganfall: gibt es Prädiktoren für das funktionelle Outcome? – eine Literaturstudie

F. Asmus 1, J. Wissel 1
  • 1Frankfurt/M., Beelitz-Heilstätten

Fragestellung: Die lokale Botulinumneurotoxin (BoNT)-Injektionstherapie ist eine wirksame Therapie der Armspastik nach Schlaganfall. In Deutschland fehlen Versorgungsstrukturen, um flächendeckend den Verlauf der Spastik und die Notwendigkeit intensivierter Therapien zu überwachen. Armspastik-Patienten stellen ein klinisch heterogenes Kollektiv dar. Das Ansprechen auf BoNT ist sehr unterschiedlich.

Ein Screening zur Abschätzung des Therapieerfolgs würde die Patientenzuweisung in eine BoNT-Spezialambulanz erheblich vereinfachen. Für ein solches Screening-Tool sind evidenz-basierte Kriterien zur Patientenselektion notwendig.

Methoden: Eine Literaturrecherche in MEDLINE bis Februar 2011 mit den Suchbegriffen „botulinum“, „stroke“, „upper limb“, „arm“, „hand“, und „spasticity“ wurde durchgeführt. Ausgewählt wurden nur therapeutische Studien am Menschen. Die Studien wurden nach der Klassifikation der American Academy of Neurology (AAN) für therapeutische Interventionen in vier Klassen (Klasse I-IV) eingeteilt.

Ergebnisse: Von 106 Publikationen entsprachen 18 Studien der AAN-Klasse I, 6 der Klasse II, 25 der Klasse III und 15 der Klasse IV. Die Studien der Klassen I und II untersuchten fast ausschließlich als primäres Ziel die Reduktion des erhöhten Muskeltonus gemessen als Ashworth-Skala (AS) oder modifizierte AS oder die Zunahme des passiven Bewegungsumfangs nach BoNT-Injektionen. Das klinische Ziel einer Verbesserung der aktiven Armfunktion, wurde primär nur in einer Klasse I Studie mit Goal-Attainment-Scaling und in einer weiteren Klasse III-Studie analysiert. Insgesamt untersuchten die Studien die Funktionsverbesserung oft nur als nachgeordnete Zielparameter und zeigten inhomogene Ergebnisse oder das Fehlen einer Funktionsverbesserung. Aus keiner Studie waren Patientenparameter zu entnehmen, die sich zur Etablierung eines Screeningtools geeignet hätten.

Schlussfolgerung: Die Evidenz aus den aktuell 64 verfügbaren Studien der AAN-Klassen I-IV reicht nicht aus, um das Ausmaß des funktionellen Erfolgs einer BoNT-Therapie der Armspastik nach Schlaganfall vorherzusagen. Für die Erarbeitung solcher Prädiktoren ist langfristig die Durchführung kontrollierter Studien an großen Patientenkollektiven notwendig. Als Einstieg in die Thematik schlagen wir die Erhebung der Expertenmeinung im Rahmen einer Fragebogenstudie zu Patientenfaktoren einer über- oder unterdurchschnittliche Response auf BoNT-Injektionen bei Armspastik vor.