Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV29
DOI: 10.1055/s-0031-1277300

Dauerhafte Normalisierung der Stoffwechsellage schwer diabetischer Ratten durch hepatische Insulinfreisetzung nach somatischer Gentherapie

M Elsner 1, T Terbish 1, A Jörns 2, S Lenzen 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Klinische Biochemie, Hannover, Germany
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Zentrum für Anatomie, Hannover, Germany

Fragestellung: Die Freisetzung von Insulin aus nicht-endokrinen Zellen ist ein interessantes Therapiekonzept zu Behandlung des Diabetes mellitus. Moderne lentivirale Vektorsysteme sind in der Lage, Transgene stabil auch in nichtteilenden Zellen zur Expression zu bringen und sind deshalb ein wertvolles Werkzeug für gentherapeutische Therapieansätze. Ziel der vorliegenden in vivo Studie war es, durch lentivirale Transduktion von Hepatozyten diabetischer Ratten mit humaner Insulin-DNA eine dauerhafte Normalisierung der diabetische Stoffwechsellage zur erzielen.

Methodik: Die DNA für Furin-sensitives humanes Insulin wurde in ein lentivirales Vektorsystem subkloniert. Lentiviren wurden in einem optimierten Verfahren durch tangentiale Ultrafiltration auf Titer von 5×109 infektiösen Partikeln/ml konzentriert. Die Virenlösungen wurden portalvenös in STZ-diabetische Ratten (Blutglucose >24 mM) und spontan diabetische IDDM Ratten (Blutglucose >26 mM), einem Modell des humanen Typ 1 Autoimmun-Diabetes, injiziert. Die Blutglucosekonzentrationen und das Körpergewicht der Versuchstiere wurden über ein Jahr hinweg gemessen. 60 Tage nach Vireninjektion wurde ein oraler Glucosetoleranztest (2g/kg Körpergewicht) durchgeführt. Humanes und Ratten-C-Peptid wurden mittels ELISA bestimmt und die Lebern der Ratten immunhistochemisch auf Insulin- und GFP-Expression untersucht. Um eine mögliche Induktion von Transdifferenzierungsprozessen von Hepatozyten zu b-Zellen zu überprüfen, wurde die Expression von PDX-1 durch qPCR bestimmt.

Ergebnisse: Die Injektion von Insulin-Lentiviren in die Pfortader STZ-diabetischer und spontan diabetischer IDDM Ratten führte innerhalb von 5–7 Tagen zu einer Abnahme der Blutglucosekonzentration von 24,3±0,8 mM auf 6,8±0,5 mM bzw. 26,3±1,7 mM auf 7,6±0,6 mM. Die Normalisierung der Blutglucosekonzentrationen war für ein Jahr stabil, ohne dass Hypoglykämien auftraten. Für diabetische Kontrollratten, die mit GFP-Viren behandelt wurden, ergab sich keine signifikante Blutglucosesenkung. Ratten-C-Peptid konnte in keiner der behandelten Gruppen nachgewiesen werden. Die Konzentration von humanem C-Peptid betrug im Mittel bei den STZ-diabetischen Ratten nach Injektion mit Insulin-Lentiviren 101±7pmol/ml und bei den spontan diabetischen IDDM Ratten 101±19pmol/ml. Die Insulin-Expression konnte auch in immunhistochemischen Untersuchungen der Lebern der Versuchstiere nachgewiesen werden. Die Hepatozyten wiesen morphologisch keine Anzeichen einer Transdifferenzierung auf. Zudem konnte keine PDX-1 Expression detektiert werden.

Schlussfolgerungen: Durch einen lentiviralen Gentransfer Furin-sensitiven humanen Insulins in Hepatozyten schwer diabetischer Ratten konnte über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine Normalisierung der diabetischen Stoffwechsellage erreicht werden.