Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV31
DOI: 10.1055/s-0031-1277302

Differenzierung muriner und humaner embryonaler Stammzellen in pankreatisches Entoderm

O Naujok 1, S Lenzen 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Klinische Biochemie, Hannover, Germany

Fragestellung: Differenzierungsprotokolle embryonaler Stammzellen basieren überwiegend auf der Verwendung rekombinanter Wachstumsfaktoren, zumeist instabile Proteine, welche Nachteile, wie z.B. unterschiedliche Aktivitäten, Batch-zu-Batch Unterschiede und geringe Halbwertszeit unter in vitro Bedingungen, aufweisen. Diese Variablen verhindern häufig die Reproduzierbarkeit von Differenzierungsprotokollen. Die Stoffklasse der bioaktiven, membranpermeablen Small Molecules ist in der Lage Signalwege, Genexpression und Metabolismus von ES-Zellen zu modulieren und die Differenzierung in endokrine, insulinproduzierende Zellen zu beeinflussen.

Methodik: Zwei murine (ES-D3, ES-CCE) und zwei humane ES-Zelllinien (Hues4, Hues8) wurden in einem zehntägigen Differenzierungsprotokoll zunächst mit 0,5µM IDE1 und mit 330nM ILV plus FGF10 behandelt. Die Differenzierung in definitives Entoderm wurde anhand der Expression von CXCR4, Sox17 und Foxa2 nachgewiesen. Die weitere Differenzierung in pankreatisches Entoderm wurde durch Protein- und Genexpressionsanalysen von Pdx1, Hnf6 und Hlxb9 bestimmt.

Ergebnisse: IDE1 induzierte die Differenzierung in definitives Entoderm. Bei murinen ES-Zellen waren nach 10 Tagen Differenzierung 38,8±8,7% (ES-D3) bzw. 61,5±3,7% (ES-CCE) der Zellen positiv für den Oberflächenmarker CXCR4. Bei den humanen Linien waren 37,5±5,0% (Hues4), bzw. 41,4±4,0% (Hues8) der Zellen positiv. Immunhistochemische Untersuchungen der Transkriptionsfaktoren Sox17 und Foxa2 zeigten eine Ko-Lokalisation bei der Mehrheit der differenzierten Zellen beider Spezies. Per qPCR konnte ebenfalls ein Anstieg der Expression dieser Gene beobachtet werden. Nach 4-tägiger Inkubation mit ILV und FGF10 wurde die weitere Differenzierung in pankreatisches Entoderm anhand der Marker Pdx1, Nkx6.1 und Hlxb9 beobachtet. Die qPCR-Analyse zeigte eine deutliche Erhöhung dieser drei Marker insbesondere für die humane Linie Hues8. Auch die murinen ES-Zellen zeigten ein Anstieg, welcher für die Linie ES-CCE prominent war. Die immunhistochemische Färbung für Pdx1 zeigte eine deutliche Kernfärbung. Doppelfärbung mit dem Proliferationsmarker Ki67 zeigte, dass Pdx1-positive Zellen proliferativ sind. Die qPCR-Analyse der klassischen Pluripotenzmarker Oct4 und Nanog erbrachte für beide Spezies eine langsame Verringerung der Expressionsstärke, wenngleich beide Marker auch nach 10-tägiger Differenzierung noch eindeutig zu detektieren waren.

Schlussfolgerungen: Die Etablierung von Differenzierungsprotokollen auf der Grundlage von Small Molecules ist ein wichtiger Schritt, um ES-Zelldifferenzierungen in vitro effizienter zu steuern und die Reproduzierbarkeit zu verbessern. Sowohl humane als auch murine ES-Zellen sind in vitro in der Lage über die entwicklungsbiologischen Stadien definitives Entoderm und Primitivdarm in pankreatisches Gewebe zu differenzieren. Der Vergleich verschiedener ES-Zelllinien zeigte, dass erhebliche Unterschiede im Potential einzelner Linien zu beobachten sind.