Zahnmedizin up2date 2011; 5(6): 549-563
DOI: 10.1055/s-0031-1280379
Endodontologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einmal- vs. Mehrfachgebrauch endodontischer Instrumente

David Sonntag, Astrid Klocke
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Publikationsdatum:
16. Dezember 2011 (online)

Einleitung

In diesem Jahr sind erstmals hochwertige Instrumente aus Nickel-Titan auf den Markt gebracht worden, die vom Hersteller nur zur Anwendung an einem Patienten freigegeben sind. Diese Instrumente fanden dennoch von Beginn an sehr großen Zuspruch. Spricht man mit den begeisterten Kollegen, erscheint es geradezu so, als ob eine Last von ihnen genommen worden wäre, da nun die Entscheidung „Einweg“ oder „Mehrweg“ nicht mehr getroffen werden muss.

Instrumente zur Erweiterung von Wurzelkanälen nehmen in der Diskussion um Einweginstrumente in der Zahnheilkunde bereits seit längerer Zeit eine Sonderrolle ein, da die Sauberkeit der Instrumente nach erneuter Aufbereitung zunehmend kritisch hinterfragt wird [1], [2], [3]. In der teilweise emotional geführten Diskussion tritt jedoch mitunter die Frage auf, ob nicht folglich auch Spiegel, Sonde und Pinzette Einmalinstrumente sein müssten, wenn dies für endodontische Aufbereitungsinstrumente gelten soll.

Die Sonderrolle von Aufbereitungsinstrumenten begründet sich u. a. durch die komplexe Oberflächenstruktur und den direkten Kontakt der Instrumente zu den Endästen der trigeminalen Nerven. Für viele dieser grazilen, gewundenen Instrumente besteht ein gemäß DIN EN ISO 17664 von den Herstellern angegebenes Aufbereitungsverfahren, mit dem nach Angaben der Hersteller die Instrumente nach Gebrauch gereinigt werden können. So gelang nachweislich die Reinigung der Instrumente, wenn sie unmittelbar nach Anwendung in die alkalische Lösung Alkazyme eingelegt wurden und anschließend einer maschinellen Reinigung (Miele G7881) unterzogen wurden (Abb. [1] und [2]). Alle anderen in einer Untersuchung getesteten Verfahren gewährleisteten keine vollständige Reinigung der Aufbereitungsinstrumente [4].

Abb. 1 Nickel-Titan-Instrument vor der klinischen Anwendung und Reinigung.

Abb. 2 Nickel-Titan-Instrument mit Rückständen nach klinischer Anwendung trotz Durchführung eines Reinigungsprotokolls zur Prionendekontamination.

Werden die Instrumente nach Anwendung am Patienten nicht vollständig von Rückständen gereinigt, kann die Möglichkeit einer Übertragung von neurodegenerativen Erkrankungen (übertragbare spongiforme Enzephalopathie) durch Prionen nicht sicher ausgeschlossen werden [5]. Auch wenn diese Erkrankung in der deutschen Öffentlichkeit wenig wahrgenommen wird, hat die nationale englische Überwachungsbehörde für die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 2010 insgesamt 97 Todesfälle durch diese Erkrankung verzeichnet. Auf eine iatrogene Übertragung wurden im Zeitraum 2000–2010 insgesamt 29 Todesfälle zurückgeführt (www.cdj.ed.ac.uk). Auf Anfrage bei der Creutzfeldt Jakob Disease Surveillance Unit in Edinburgh wurde uns mitgeteilt, dass alle Fälle auf die Gabe von humanem Wachstumshormon zurückzuführen sind. Bisher konnte kein einziger dokumentierter Todesfall auf die Übertragung von Prionen mit Medizinprodukten zurückgeführt werden, die einer erneuten Aufbereitung unterzogen worden waren. Dennoch empfiehlt die britische staatliche SEAC (Spongiform Encephalopathy Advisory Committee) seit Mai 2006 die Einmalanwendung von endodontischen Aufbereitungsinstrumenten als infektionsprophylaktische Maßnahme [6].

Neben diesen Aspekten zur Infektionsprävention spricht eine signifikant erhöhte Fraktursicherheit für die Anwendung an nur einem Patienten [7]. So konnte Gambarini feststellen, dass klinisch mehrfach angewendete Instrumente signifikant schneller bei Rotation in einer Krümmung frakturieren als neue Instrumente. Andere Untersucher haben festgestellt, dass endodontische Handinstrumente schnell ihre Abtragsfähigkeit verlieren und die Schneidfähigkeit nach mehrmaliger Anwendung signifikant reduziert wird [8]. Klinisch ist für die meisten Anwender der Unterschied zwischen einem neuen und einem gebrauchten Handinstrument nur bei kleinen Feilen (ISO 6, 8, 10, 12, 15) spürbar, da bei größeren Instrumenten ein höherer Druck eine mangelnde Schneidleistung mitunter kompensieren kann. Dieser erhöhte Druck kann jedoch unweigerlich zu vermehrten Instrumentenfrakturen und zu einer fehlerhaften Aufbereitung mit Stufen und Transportion des Kanals führen.

Literatur

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OA PD Dr. David Sonntag
OÄ Dr. Astrid Klocke

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