Endoskopie heute 2011; 24(4): 209
DOI: 10.1055/s-0031-1283874
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Editorial

H.-J. Schulz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Dezember 2011 (online)

Neue Aspekte der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen erlauben ein besseres Krankheitsverständnis und die Entwicklung neuer Therapieoptionen. 

Bisher stand die Überreaktion des adaptiven Immunsystems im Mittelpunkt. 

Die Entzündung ist jedoch nur ein Faktor. Die gestörte Mukosabarriere dürfte bedeutsam sein. Die natürliche Modulation des angeborenen Immunsystems rückt ebenfalls in den Mittelpunkt. Neben einer Optimierung der immunsupressiven Therapie werden Behandlungen entwickelt, die die antibakterielle Barriere durch den Einsatz von Antibiotika, Probiotika oder Diffensine stärken. 

Im klinischen Alltag haben CED-Patienten heute eine nahezu normale Lebenserwartung bei deutlich eingeschränkter Lebensqualität. Wir sehen u. a. Patienten mit häufigen Rezidiven, ältere Patienten mit zum Teil kompliziertem Verlauf, Patienten mit Fistelproblemen oder Inkontinenz, mit Folgen resezierender Operationen bis hin zum Kurzdarmsyndrom. 

Im vorliegenden Heft wollen wir aktuelle Probleme der bildgebenden und endoskopischen Diagnostik, der Pathohistologie sowie der interventionellen und chirurgischen Therapie behandeln. 

Für die moderne Bildgebung skizzieren Schreier et al. ein differenziertes Vorgehen für die Colitis ulcerosa und den Morbus Crohn. Der hochauflösende abdominelle Ultraschall gilt beim Morbus Crohn als Basisuntersuchung. 

Für die Erstdiagnostik des Dünndarms wird die MRT (MR-Enterografie, MR-Enteroklysma) empfohlen. Für die Fisteldiagnostik die EOS und die MRT des Beckens. 

Bei der Colitis ulcerosa spielen heute radiologische Methoden zur Verlaufskontrolle keine größere Rolle mehr. Hier ist die Endoskopie gefordert, denn sie ist heute essenziell für die Primärdiagnostik, die Langzeitüberwachung bei erhöhtem Krebsrisiko und für endoskopische Behandlungen in ausgewählten Fällen. 

Götz et al. prognostizieren einen zunehmenden Stellenwert in der Überwachung des Entzündungsverlaufs, da die mukosale Heilung als Kriterium für ein Ansprechen der Therapie etabliert wird. 

CED-Komplikationen, wie Stenosen oder intraepitheliale Neoplasien bei langjährigem Verlauf können endoskopisch erkannt und therapiert werden. 

Der Beitrag von Vieth et al. ist ein Aufruf zu besserer interdisziplinärer Kooperation. Die Differenzialdiagnose zwischen Infektion, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn ist möglich, zuweilen aber schwierig. Noch schwieriger kann die Unterscheidung zwischen sporadischen Adenomen und kolitisassoziierten Neoplasien sein. Der erfahrene Pathologe braucht Unterstützung durch suffiziente endoskopische Angaben und Informationen über den endoskopischen Befund. 

Die Möglichkeiten und Grenzen der chirurgischen Therapie werden von A. J. Kroesen in einer erfahrungs- und literaturbasierten Übersicht kritisch bewertet. Er fordert eine Crohn-adaptierte minimale Chirurgie auch für Fistel- und Stenosenoperationen, die potenzielle Zweit- und Dritteingriffe in Betracht zieht. 

Sehr sorgfältig werden Vor- und Nachteile laparoskopischer Operationen abgewogen. Sehr wichtig ist der Hinweis, dass perkutane Abszessstenagen bei Morbus Crohn nur im Ausnahmefall gelegt werden sollten. Für die Colitis ulcerosa wird eine großzügigere Operationsindikation bei therapierefraktärem Verlauf und Medikamenten-Nebenwirkungen gefordert. 

Unverändert sind toxischer Verlauf, therapierefraktäre Blutungen und freie Kolonperforationen Notfallindikationen. Die ileoanale Pouchanlage wird als chirurgische Behandlung mit gutem funktionellem Gesamtergebnis bewertet. 

Wir hoffen auf eine positive Resonanz der Artikel zum Themenschwerpunkt CED. 

Allen Autoren danke ich sehr für die Mühe, die sie in ihre Publikationen gesteckt haben, Prof. Kieslich für die Unterstützung bei der Herausgabe des Heftes. 

H.-J. Schulz

Prof. Dr. med. H.-J. Schulz

Sana Klinikum Lichtenberg · Klinik für Innere Medizin I · Gastroenterologie

Fanningerstr. 32

10365 Berlin

eMail: hj.schulz@sana-kl.de